Rezension

Traum vom Fliegen

Der Jahrhunderttraum - Richard Dübell

Der Jahrhunderttraum
von Richard Dübell

Bewertet mit 5 Sternen

Berlin 1891: 
Familie von Briest ist geschockt, die Großeltern von Otto, Levin und Amalie, sind bei einem schweren Zugunglück in der Schweiz ums Leben gekommen. Edgar Trönicke, Privatdetektiv und Freund der Familie glaubt an einen Sabotageakt und ermittelt auf Wunsch von Moritz von Briest. Er und sein Beruf wirken sehr faszinierend auf Otto, denn dieser erträumt sich eine Zukunft als Privatdetektiv.
Levin hingegen, ist von den ersten gesehenen Flugversuchen Lilienthals so beeindruckt, das er sich nichts mehr wünscht, als eines Tages selbst zu fliegen. Seine Schwester Amalie freundet sich derweil mit Emma von Schley an. Sie möchte als erste Frau, mit einem Fallschirm springen. Aber niemand ahnt, dass Emma´s Vater einem nationalsozialistischen Kreis in Berlin angehört. Doch als Otto bei seinen Recherchen auf diese Verbindung stößt, steht nicht nur das Schicksal ihrer Familie, sondern der gesamten Nation auf dem Spiel.

„Der Jahrhunderttraum“ ist mir durch sein wunderschönes Cover aufgefallen und ich muss sagen, ich bin auch sehr beeindruckt vom Inhalt dieses Werkes. Leider habe ich erst später feststellen müssen, dass es schon der zweite Band dieser Reihe ist. Dennoch bin ich sehr fasziniert von diesem Buch und kann für seine Einzigartigkeit und Komplexität nichts anderes, als fünf Sterne verteilen.

Richard Dübell ist ein Autor, wie man sich ihn wünscht. Ihm gelingt gekonnt, das Einfangen und Darstellen der historischen Atmosphäre zur Jahrhundertwende, mit den Schicksalen der Familie von Briest zu verflechten. Diese Welt ist bis ins kleinste Detail durchdacht und zu Papier gebracht. So beispielsweise wird in einigen Passagen auch an den „Berliner Dialekt“ gedacht, was unsagbar unterhaltsam ist.

„>>Ooch, Edgar<<, sagte Hermine, >>du bist so wat von von jestern! Fass mir bloß meene jeliebte Greta nich an.<<“ ( S. 69 )

Große Namen der deutschen Geschichte, so zum Beispiel: Zeppelin, Lilienthal aber auch die Familie Siemens werden erwähnt, was beweist, wieviel Mühe sich Dübell bei der Gestaltung dieser Welt gegeben hat. Bei deren Erwähnung, handelt es sich oft, um das Thema >>Fliegen<<, dies waren meist meine Lieblingsstellen.

Bei der Gestaltung der Protagonisten hat sich Dübell ebenfalls große Mühe gegeben und im Laufe des Romans begegnet man vielen interessanten Charakteren, von denen sehr viele sehr authentisch und komplex sind. Otto, Levin und Amalie beschreiten ihre eigenen Wege, was sie durch ihre Individualität sehr interessant macht. Aber auch die Menge und bunte Mischung an Figuren, ist ein Aspekt, der mich durchaus überzeugt hat.

Den Hauptteil des Romans gestaltet Dübell mit den Charakteren der Familie von Briest. Jeden Einzelnen von Ihnen, begleitet man über achtzehn Jahre. Doch als Rahmenhandlung setzt der Autor auf die Entwicklung und Forschung des Fliegens, ob Ballon, Gleiter oder Fallschirm. Der Antisemitismus und die Frauenbewegung zur damaligen Zeit nehmen ebenfalls einen Teil der Rahmenhandlung ein.
Der Spannungsbogen wird meiner Ansicht nach, aber durch die Experimente und Erfahrungen, sowie der Weiterentwicklung dieser Flugobjekte, immer wieder neu gespannt. 

„Gott hat den Vögeln die Flügel gegeben, nicht den Menschen, also ist auch der Menschenflug auf Flügeln nicht in Gottes Plan. „ ( S. 56 )

Dieser Roman beinhaltet unglaublich spannende, detailreiche und komplexe deutsche Geschichte. Aber auch die interessanten Charaktere bereiten Spaß und machen Lust auf mehr.