Rezension

Überraschend anders

Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen
von Susan Juby

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein Roman als Essay mit sehr persönlichen Anmerkungen der erzählenden Figur, das empfand ich schon mal als angenehme Abwechslung zu den gängigen Geheimnis-Romanen. Die vielen Fußnoten muss man mögen; ich fand, sie machen die Erzählerin greifbarer und erzählen neben den Ergänzungen zum Text auch nochmal eine eigene Geschichte.

Alles beginnt mit einer verrückten Idee: was wäre, wenn man die peinlichen, unbequemen Fragen einfach mal stellt, anstatt zu spekulieren? Hat sich Aimee die Nase verkleinern lassen und die Brüste vergrößern? Hasst die ewig grantige Sekretärin wirklich alle Schüler, ist der schöne Tyler schwul oder nicht, nimmt der Freak aus der 12. Klasse Drogen und wie steht die coole Prema aus dem Langlaufteam zu ihren beiden Teamkollegen?  Normandy und ihre Freunde, drei Kunstschüler, stellen diese Fragen und bekommen Antworten. Und dann erleben sie, dass man sich nicht mit den Wahrheiten anderer beschäftigen kann, ohne nach seiner eigenen zu fragen.

Ich möchte hier nicht zu viel verraten, aber es wird schnell klar, dass die berühmte Schwester, die von allen nur mit Samthandschuhen angefasst wird, auch ein Geheimnis hat. Eines nach dem zunächst niemand zu fragen wagt, das aber am Ende des Buches doch noch aufgedeckt wird und einigen Wirbel verursacht.

"Ein kluges Buch" steht in der Beschreibung. Das ist es wirklich. Etwas schräg und verrückt, verbirgt sich doch hinter allem die Erkenntnis, dass die Wahrheit befreiend sein kann, und am besten zu vertragen, wenn man sich Hilfe und Unterstützung holt.