Rezension

Urlaubsbekanntschaften

Die Lügen der Anderen - Mark Billingham

Die Lügen der Anderen
von Mark Billingham

Bewertet mit 4 Sternen

In "Die Lügen der anderen" begegnen uns unterschiedliche Charaktere, die sich durch ihr Leben quälen und sich voreinander profilieren müssen, um möglichst gut dazustehen und dabei leider sich immer mehr in Lügen verstricken. Im Urlaub gelingt es uns leicht uns voreinander zu verstellen, wenn wir uns aber in unserem echten und wahren Leben treffen, kommen schnell die Unzulänglichkeiten unserer Ehen, unseres Lebens zum Vorschein. Ich würde spontan keinem der Ehepaare meine Gunst schenken, denn ich verabscheue Unehrlichkeiten und das Tragen von Masken. Wir treffen hier nicht nur auf Unehrlichkeit, sondern auch auf das Verschwinden eines geistig behinderten Mädchens, welches sich erst klärt, nachdem die Paare wieder zuhause sind. Das Mädchen ist der ständige Begleiter im Gespräch als sich die Paare treffen und sich gegenseitig einladen. Ich hatte das Gefühl, das sich alle gegenseitig übertrumpfen müssen um zu glänzen, dabei aber oberflächlich bleiben, zumindest am Anfang, denn irgendwann fallen die Masken und der Mensch wird gläsern.
Der Täter lässt sich leicht in seine Karten schauen, denn ihm sind einige Abschnitte im Buch gewidmet. Es nimmt nach und nach Gestalt an, mir aber doch nicht verdeutlicht, wieso jemand sich das recht herausnimmt einem anderen Menschen zu schaden. Alle sind verdächtigt und bis zum Ende hin malte ich mir diesen oder jenen Ablauf aus. Es geschieht wieder ein Mord, dem den ersten sehr ähnelt. Ab da war ich vollends verwirrt, zumal die Paare auch immer mehr Gestalt annehmen und manche Lüge zumindest für mich offensichtlich wird. Man stellt sich als Friede - Freude - Eierkuchen - Paar hin, obwohl es doch sehr brodelt und ehrlich gesagt nichts ist, wie es den Anschein hat. Einige Beispiele, wären z. B. die Schauspielerin die versucht sich hoch zu schlafen um eine begehrte Rolle zu bekommen oder der Macho, der jedem Rock hinter her steigt um sein Ego zu pflegen. Das Typische, was mitunter auch menschlich ist, ist der Neid, den alle irgendwie verspüren, denn der Wunsch besser, reicher oder gut aussehender zu sein als der oder die andere, wird hier sehr deutlich hervorgehoben.  Dadurch, dass hier alle irgendwie lügen, ist es auch für mich als Leser schwer sich ein Urteil über die jeweiligen Personen zu bilden, da alle zwar auffallen durch ihre Besonderheiten, aber ich nur bedingt zutraue einem geistig behinderten Menschen das Leben zu nehmen, denn der Sinn, der Grund erschließt sich mir nicht. Erst zum Ende des Buches bekomme ich Klarheit und war wirklich erschrocken über die Abgründe der menschlichen Psyche.
Nicht nur den Paaren kommen wir näher, sondern lernen auch den Ermittler des Falles sehr gut kennen und eine der Kolleginnen, Jenni, die auch auf den Fall angesetzt wird. Durch ihre Besonnenheit und Nachfrage verstricken sich die Paare immer mehr in ihr Lügengeflecht. Für uns als Leser wird es immer verwirrender und hat am Ende eine echte Überraschung parat. Ich empfand es als sehr spannend, denn ich wurde immer wieder auf falsche Fährten gelockt. Es war ein echtes Psychospiel, daher kann ich "Die Lügen der anderen" allen empfehlen, die gerne ohne blutige Details einen Thriller lesen wollen. Sich einem Thriller zuwenden wollen, der immer wieder überraschen kann. Die Protagonisten sind eindeutig unsympathisch, da wir in ihre Abgründe blicken können und nicht nur das sehen, was sie sehen lassen wollen. Eine gewisse Spannung will ich "Die Lügen der anderen" nicht absprechen. Mir hat es wirklich gefallen, zumal die Schlange auf dem Cover schon viele Lügen versprach und ich mich mit voller Absicht darauf eingelassen habe.
Leseempfehlung!