Rezension

Zwei Frauenschicksale vom Dritten Reich bis zur Jahrtausendwende

Ab heute heiße ich Margo
von Cora Stephan

Bewertet mit 4 Sternen

Während der Nazi-Herrschaft arbeiten die auf ihre Unabhängigkeit bedachte Margo und die politisch engagierte Fotografin Helene gemeinsam in einem Fotoladen in Stendal. Beide sind verliebt in einen schlesischen Diplomaten. Während des Krieges sucht Margo Zuflucht in Schlesien, von wo sie später grausam vertrieben wird, und Helene wird in Buchenwald interniert. Nach dem Krieg findet Margo eine neue Heimat in Niedersachsen. Sie geht mit Erfolg ganz in ihrem Beruf in einer Datenverarbeitungsfirma auf. Helene ist in Ost-Berlin für die Stasi „Kundschafterin des Friedens“. Ihre Wege kreuzen sich fremdgesteuert während des Kalten Krieges und noch einmal nach dem Fall der Mauer. Beide fühlen sich gegenseitig verraten …

 

Wer sich für die Geschichte Deutschlands im vergangenen Jahrhundert interessiert und diese als unterhaltenden Roman dargeboten bekommen möchte, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen. Anhand der beiden Protagonistinnen stellt die Autorin gut recherchiert die drei deutschen Epochen Drittes Reich, Teilung und Wiedervereinigung dar und was es für die beiden Frauen bedeutet, in der jeweiligen Zeit zu leben. Das Buch zeichnet sich durch viel geschichtliches und politisches Hintergrundwissen aus. Zu keiner Zeit verliert die Autorin dabei ihre Objektivität. Die Geschichte ist klar durchstrukturiert, so dass der rote Faden auf den immerhin 635 Seiten nicht verloren geht. Dies erfolgt durch die Unterteilung in drei zeitlich geordnete Bücher  und die sich abwechselnden Erzählstränge aus der Sicht jeweils einer Romanfigur. Spannung kommt punktuell auf, wenn die Protagonistinnen immer mal wieder aufeinandertreffen und sich die Frage stellt, ob und wann ein sie verbindendes Geheimnis gelüftet wird. Schön ist, dass dem Cover eine Bedeutung zukommt, auf die in der Geschichte eingegangen wird, was sonst nur bei den wenigsten Büchern der Fall ist. Einziger Schwachpunkt für mich: Während es noch einigermaßen plausibel klingt, das Leben zweier Frauen mit so viel Erleben zu befrachten, wird am Ende eindeutig zu dick aufgetragen – die Enkelgeneration und das Wiederauftauchen des Schlesiers ufern doch in Kitsch aus.