Rezension

Chronologie einer Mördersuche

In Zeiten des Todes -

In Zeiten des Todes
von Luca D'Andrea

Bewertet mit 5 Sternen

Als ich das Buch zum ersten Mal in der Hand hielt, dachte ich, über 700 Seiten, das könnte eine Herausforderung werden. Weit gefehlt , es war ein absolutes Vergnügen und für mich viel zu schnell vorbei.
Der Autor schildert die Suche nach einem Serienmörder Anfang der 90ziger in Bozen nach einem wahren Kriminalfall. Es ist in meinen Augen kein Thriller im herkömmlichen Sinne, der den Fokus auf die konkrete Mördersuche legt. Es sind viel mehr die Zustände bei der Bozener Polizei und die beruflichen Anfänge und Karrieren des Kriminalbeamten Krupp sowie des Journalisten Milla. Beide nehmen ihren Beruf sehr ernst, sind voller Empathie und Tatendrang und werden schmerzhaft mit dem realen Leben konfrontiert. Ein Mörder tötet drogensüchtige Prostituierte. Bei der Polizei hat der allmächtige Commissario Capo Levada das Sagen und die Bulldogen - Polizisten - sind ihm treu ergeben. Wen kümmert schon der Mord am Müll der Gesellschaft ? Krupp sieht das anders. Für ihn sind die Opfer Menschen mit Angehörigen, die leiden . Er beginnt die Suche nach dem Mörder mit einer Besessenheit, die den üblichen Rahmen sprengt und gerät in Konflikt mit Levada. Die Jagd nach dem Mörder erstreckt sich über mehrere Jahre und fällt mit dem beruflichen Aufstieg von Krupp und Milla zusammen.
Milla wird vom altgedienten und desillusionierten Jo unter die Fittiche genommen. Milla soll Bildern liefern, die Angehörige in ihren intimsten Momenten zeigen und reißerische Artikel, um die Auflage zu erhöhen. Milla lehnt das ab, aber er braucht das Geld.
Nach der Verurteilung des Serienmörders gibt es neue Morde, deren Tatumstände mit den alten Verbrechen nahezu identisch sind. Milla und Krupp erinnern sich, welche Ideale sie früher hatten und treffen Entscheidungen, die ihr weiteres Leben verändern.
Mich hat die Entwicklung der beiden Charaktere stark gefesselt. Zeitweise habe ich vergessen, dass wir einen Mörder suchen, der ohne Skrupel Frauen tötet. Obwohl sie unterschiedliche Wege gehen, habe ich beide gemocht - trotz mancher falschen Entscheidung. Ich hatte aber immer den Eindruck, dass es beiden um die Menschen geht, sie sich aber aus unterschiedlichen Gründen den realen Bedingungen unterordnen.
Die Erzählweise erweckte oft das Gefühl von Dringlichkeit, indem sich der Autor kurzer Sätze und Wiederholungen bedient, besonders wenn er die inneren Qualen der beiden Akteure schildert. Das war oft kaum auszuhalten. Fand ich das Ende gerecht ? Ich bin mir nicht sicher. Letzten Endes zahlen alle Beteiligten einen Preis für ihr Handeln. Mir hat der Thriller sehr gut gefallen. Er hat mich in Atem gehalten und die etwas ruhigeren Passagen fand ich angenehm, auch wenn mir bewusst war, dass sie nur all zu oft Vorboten neuer Schrecken waren. Was der Handlung in meinen Augen zusätzliche Dramatik verliehen hat, ist die Tatsache, dass sich der Autor an einen wahren Fall anlehnt.