Rezension

Rache für eine niederträchtige Intrige …

Die Farben des Feuers - Pierre Lemaitre

Die Farben des Feuers
von Pierre Lemaitre

Bewertet mit 5 Sternen

Paris 1927: Der Trauerzug für den verstorbenen Bankier Marcel Péricourt, an dem alles was Rang und Namen hat und sogar der Präsident der Republik teilnimmt, setzt sich eben in Bewegung, als der 7jährige Enkel des Verstorbenen, Paul, aus dem Fenster des oberen Stockwerks der Villa fällt und auf dem Sarg landet. Er überlebt den Sturz schwerverletzt, ist aber fortan querschnittsgelähmt. Madeleine, die Mutter des Jungen und Alleinerbin des Bankenimperiums, kümmert sich aufopfernd um ihn, wobei sie vom Hauslehrer André und der Gesellschafterin Léonce tatkräftig unterstützt wird. Die Geschäfte überlässt sie vertrauensvoll Gustave Joubert, dem ehemaligen Vertrauten ihres Vaters und Prokuristen der Bank. Unbesehen unterschreibt sie alles, was man ihr vorlegt, was sich jedoch als großer Fehler erweisen sollte. Als Madeleine merkt, dass nicht jeder ihr Freund ist, ist es zu spät - die Bank ist ruiniert, ihr Vermögen veruntreut. Nun schmiedet sie einen perfiden Plan, um sich an den vermeintlichen Freunden zu rächen …

Pierre Lemaitre, geb. 1951, war als Lehrer für Literatur in der Ausbildung von Bibliothekaren tätig, bevor er Schriftsteller und Drehbuchautor wurde. Für seine Werke erhielt er mehrere französische Auszeichnungen und bekam 2013 den wohl bedeutendsten französischen Literaturpreis, den Prix Goncourt. Der Autor lebt heute in Paris.

Was zunächst mit einem Knalleffekt beginnt und sich dann wie ein Familienroman liest, entwickelt sich bald zu einem psychologischen Sittenroman einer dekadenten Gesellschaft. Sei es der Dünkel der Oberschicht, die Überheblichkeit der Politiker oder die Selbstverliebtheit von Journalisten, alles wird vom Autor kritisch unter die Lupe genommen und treffsicher in die Handlung eingebunden. Der Schreibstil ist dabei recht anspruchsvoll und erfordert vom Leser ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit, um dem komplexen Geschehen zu folgen. Die Sprache ist bildgewaltig und von großer erzählerischer Kraft, oftmals gewürzt mit tiefschwarzem Humor. Paris in der Zeit zwischen dem I. und dem II. Weltkrieg, die gesellschaftlichen Veränderungen sowie die schleichende Entwicklung zum Nationalsozialismus sind gut eingefangen und werden dem Leser von einem unbeteiligten Beobachter nahe gebracht, der ihn gelegentlich auch direkt anspricht. Die Charaktere mit ihren Dialogen sind sehr lebensecht und authentisch heraus gearbeitet. Jeder hat seine Ecken und Kanten die sie so realistisch wirken lassen, als würde es sich bei diesem Roman um einen Tatsachenbericht handeln. Einige Längen zwischendurch kann man dabei getrost vernachlässigen.

Fazit: Ein gut gelungener, spannender Roman über die Rache einer Frau, die sich in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts nicht anders wehren konnte.