Rezension

Andere Vorstellungen durch Klappentext

Das Seehospital - Helga Glaesener

Das Seehospital
von Helga Glaesener

Bewertet mit 3.5 Sternen

Handlung:
Amrum 1920

Frida will eigentlich nur für ein paar Tage nach Amrum zurückkehren, um der Beerdigung ihres Großvaters beizuwohnen. Danach will sie sofort wieder nach Hamburg, um ihr Medizinstudium fortzusetzen, für das nur wenige Familienmitglieder Verständnis haben. Doch es kommt alles anders. Großvater hatte ein Hospital für lungenkranke Kinder gegründet und nach seinem Tod soll die Einrichtung aufgrund von Geldmangel geschlossen werden. Das kann Frida nicht zulassen und fortan setzt sie alles daran, um den Erhalt des Hospitals zu garantieren.

Auch in der Familie wird der Gürtel enger geschnallt, sie müssen sparen. Fridas Schwester Louise soll zu einer Hochzeit gezwungen werden, mit einem Mann, den sie partout nicht leiden kann. In ihrer Furcht verschwindet die junge Frau in einer Nacht- und Nebelaktion. Frida macht sich Gedanken um die jüngere Schwester und gibt nicht auf, sie zu suchen.

Meinung:
Das Cover gefällt mir ganz gut. Es besticht durch die vielen gezeichneten Details, die Leichtigkeit verströmen. Dies wird auch durch die schlichten und überschaubaren Farben betont. Mein besonderes Highlight ist die kleine Landkarte von Amrum, auf der sich bei genauerem hinschauen einige Orte erkennen lassen. Insgesamt ein sehr stimmiges Bild, welches perfekt in die Handlung passt.

 

Es gibt einen plötzlichen, aber auch interessanten Einstieg in die Geschichte. Genau wie auch Frida wird der Leser mit einer Hiobsbotschaft überrascht, die sofort deutlich macht, dass sich einiges in dem Leben von Frida und ihrer Familie ändern wird. Ich war überrascht von diesem Geschichteneinstieg, konnte mich aber schnell damit anfreunden und die weitere Handlung einfach auf mich zukommen lassen. Je länger ich darüber nachdenke, desto gelungener finde ich den Einstieg, es wird nicht erst heile Welt gespielt, sondern man wird direkt mit der Wahrheit konfrontiert.

Durchweg war die Schreibweise einfach und leicht verständlich gehalten. Mir kam dies sehr passend, dadurch hatte ich den Roman innerhalb weniger Tage ausgelesen und konnte mich vollkommen in die Geschichte reindenken. Für mich wäre es ein schönes Detail gewesen, wenn ab und an mehr nordischer Dialekt oder ausgewählte friesische Worte genutzt worden wären. Das hätte mehr Authentizität gegeben und hätte auch zu einigen Protagonisten gepasst.

Anhand des Klapptextes hatte ich mir vorgestellt, dass durchweg die Erlebnisse von Frida geschildert werden. Schon als ich den Roman aufgeschlagen habe, war jedoch sofort sichtbar, dass ich mich mit dieser Annahme getäuscht habe. Am Anfang eines jeden Kapitel wurde der Name von der Person verzeichnet, aus deren Sicht die Geschehnisse beschrieben werden. An sich fand ich das nicht schlecht, jedoch hätten mir zwei Perspektiven gereicht, die von Frida und ihrer Schwester Louise. Alles andere wurde ganz gut eingebracht, war für mich aber bei der Handlung nicht von Bedeutung.

 

Als Setting dient vor allem die Insel Amrum. Diese wurde wunderschön und lebendig beschrieben, die gesamte Atmosphäre der Insel wurde perfekt eingefangen und an den Leser vermittelt. Trotzdem konnte ich ab und an mit der Lage einige Gebäude nichts anfangen, gefühlt liegt alles ganz nah beieinander, gleichzeitig aber auch ein ganzes Stückchen voneinander entfernt. Vielleicht wäre es hier hilfreich gewesen, wenn es eine Karte am Anfang oder Ende des Romans gegeben hätte, wo die wichtigsten Gebäude und Handlungsorte verzeichnet sind.

 

Lange Zeit stimmte der Klapptext mit der Handlung des Romans so gut wie überein. Es wurde versucht, das Hospital zu erhalten und in diese Aufgabe hat Frida all ihre Kraft gesetzt. Durch die verschiedenen Erzählperspektiven hat wurde dann ein Teil der Handlung nach Hamburg verlegt, was ich auch noch vollkommen in Ordnung fand. Bis dann dieser Erzählstrang eine immer größere Rolle einnahm und das Hospital nur noch nebensächlich wurde. Auch Frida hat sich dann eher den Problemen in Hamburg gewidmet, über die ich an dieser Stelle nichts weiter sagen will, um nicht der Handlung vorwegzunehmen, und das Hospital ein wenig verdrängt. Das fand ich wirklich schade, weil sowohl der Klapptext, als auch der Titel des Romans darauf hingedeutet haben, dass das Hospital und dessen Erhaltung die Hauptthemen sind. So waren auch meine Erwartungen andere und ich bin nicht richtig zufrieden, wie alles abgehandelt wurde.

 

Auch mit den Protagonisten war ich nicht glücklich. Sie waren teilweise vielschichtig und undurchschaubar, vor allem jedoch schwach gezeichnet. Am stärksten erschien Frida, die man als Leser am besten kennenlernt. Sie hat deutlich ihre Stärken und Schwächen und war von ihrem ganzen Auftreten eine durchdachte und perfektionierte Person. Mit ihr wurde ich am schnellsten warm, sie hat sich schnell meinen Respekt für ihren Mut, Tatendrang und ihre Willensstärke verdient. Alle anderen Personen kamen dagegen schwächlich und blass daher, sie konnten neben Frida nicht mithalten und hätten mehr Eigenarten benötigt. Dazu fehlte es vielen an Lebendigkeit, sie wirkten in ihrem Auftreten starr und zu ernst.

Fazit:

Leider konnte der Roman nicht meine Erwartungen erfüllen. Zum einen fand ich alle bisher gelesenen Beschreibungen der Handlung nicht passend, sie waren meist irreführend und nicht ganz passend. Doch das will ich der Autorin nicht ankreiden, vielmehr konzentriere ich mich in meiner Bewertung auf die Handlung. Die Beschreibung von Amrum war ein Traum, ebenso wie die ersten knapp 200 Seiten. Frida ist eine tolle Frau, stark und eigensinnig, eine tolle Protagonistin. Ebenso war die Schreibweise äußerst angenehm zu lesen und besonders an Kapitelenden wurde viel Spannung aufgebaut, die dazu verleitet haben, dass ich immer weitergelesen habe.

Mein größter Kritikpunkt sind die Protagonisten, die zu schwach auftraten und neben Frida nicht punkten konnten. Weiterhin fand ich, dass einige Erzählperspektiven nicht wichtig waren und etwas von der Haupthandlung abgelenkt haben.