Rezension

Die magischen Jahre von Paris 1940 - 1950

An den Ufern der Seine - Agnès Poirier

An den Ufern der Seine
von Agnès Poirier

Bewertet mit 4 Sternen

anschaulich, kurzweilig + wichtig

Obwohl sich Agnès Poirier auf nur ein Jahrzehnt in der Pariser Geschichte konzentriert, hat sie gut 500 Seiten gefüllt, die nur so dahinfliegen. Ein originelles Lesebändchen in den französischen Nationalfarben dient dem Leser als Lesezeichen. Man spürt einen gewissen Nationalstolz zwischen den Zeilen, die wohl überlegt und sauber recherchiert sind. Obwohl das Buch inhaltlich sehr sachlich daherkommt, liest es sich wie ein Krimi, ist atmosphärisch dicht und ihre Sprache verschafft echtes Lesevergnügen, abgesehen von ganz wenigen Längen.

Die Autorin beschreibt, warum sich während dieser Dekade ausgerechnet in Paris die kreativsten Köpfe Europas trafen. Dabei ging es keineswegs nur um Politik. Zu dieser Zeit entstanden große Werke der Kunst und Literatur, es wurde philosophiert und neue Lebensstile ausprobiert. Wenn man nur einige Namen dieser Persönlichkeiten aufzählt, wird schnell klar, dass es sich dabei um die Creme de la Creme Europas handelte, die bis heute Kunst, Literatur, Politik, Philosophie, aber auch unser Denken und unsere Kleidung beeinflussen - Sartre, Beauvoir, Giacometti, Picasso, Beckett uvm. Dabei hat mich Agnès Poirier sofort zu den Pariser Schauplätzen mitgenommen und mich in die intellektuelle Gesellschaft der 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts eingeführt, die sich v.a. am Rive Gauche abspielt. Das linke Seineufer umfasst Montparnasse, St. Germain-des-Prés und das Quartier Latin. U.a. befindet sich auch die Sorbonne in diesem Viertel, das schon in den 1920ern bei amerikanischen Künstlern und Schriftstellern wie z.B. Ernest Hemingway oder Henry Miller sehr beliebt war. Diese nannten es Left Bank, was übrigens auch der englische Titel des Buches ist.