Rezension

Drei Frauen am Stettiner Haff

Unter dem Moor -

Unter dem Moor
von Tanja Weber

Bewertet mit 5 Sternen

Die junge Berliner Ärztin Nina leidet an Burnout und beschließt, sich eine Auszeit in einem Ferienhaus am Stettiner Haff zu nehmen. Kaum ist sie angekommen, läuft ihre Hündin Ayla, die sie erst kürzlich aus der Tierrettung geholt hat, davon. Panisch beginnt Nina nach ihr zu suchen und findet sie nach langer Suche eingeklemmt in ein Tellereisen im Wald. Mit Hilfe eines Nachbarn wird Ayla befreit und zur Tierarztpraxis gebracht, doch am nächsten Tag führt die Hündin Nina zurück zu der Stelle und beginnt zu graben. Ayla fördert einen großen Knochen zutage, der Ninas Meinung nach nur von einem Menschen stammen kann. Sie meldet ihren Fund der Polizei.

In einem zweiten Handlungsstrang, der im Jahr 1937 spielt, werden junge Berliner Mädchen, darunter die 14jährige Gine, zu einem Landjahr auf einen Gutshof am Stettiner Haff geschickt. Angeblich auserwählt, sind sie nichts anderes als ausgebeutete Arbeitskräfte, die von früh bis spät schuften müssen. Nach einem sexuellen Übergriff darf Gine schwer traumatisiert das Arbeitslager verlassen.

Schließlich führt uns die Autorin zurück in die DDR im Jahr 1972. Die zwanzigjährige Sigrun lebt mit ihrem Mann und einem kleinen Sohn in einem Dorf am Stettiner Haff, wo die Stasi jeden bespitzelt. Sie träumt von einem freieren Leben und beneidet ihre beste Freundin, die den Absprung schafft und nach Berlin geht, dort jedoch wegen ihrer umstürzlerischen Aktivitäten festgenommen und in ein berüchtigtes Frauengefängnis gesteckt wird.

Zwei Dinge haben die Frauen gemeinsam: den Wunsch nach Freiheit und die Verbindung sowohl zu Berlin als auch zum Stettiner Haff. Die Geschichte wird spannend und mitreißend erzählt. Wir tauchen nicht nur ein in die Lebensgeschichte der einzelnen Frauen, sondern erleben auch die Grausamkeit und die Bespitzelung während der Nazizeit bzw. durch die Stasi in der DDR. Ich habe das Buch als Hörbuch gehört, ganz hervorragend gelesen von Verena Wolfien, die mir mit ihrer angenehmen Stimme und unaufgeregten Sprechweise ein schönes Hörerlebnis geboten hat.

Das Einzige, was ich zu bemängeln habe, ist der irreführende Klappentext: „Als sich dort ein Mann an Gine vergeht, schwört das Mädchen Rache und ahnt nicht, wie sehr es damit den Lauf der Zeit beeinflussen wird.“ Ich habe keine Ahnung, inwiefern Gine den Lauf der Zeit beeinflusst haben soll.