Rezension

Ein alter Fall

Schuld -

Schuld
von Patrick Burow

Bewertet mit 5 Sternen

„...Michael ging durch die Wolkenlücke tiefer und flog die Elbe entlang in Richtung Osten. […] Aus der Vogelperspektive sah alles so klein und schön aus. Neben der Freiheit war diese andere Perspektive das, was für ihn die Faszination des Fliegens ausmachte...“

Staatsanwalt Michael Thomforde ist diese kleine Freude zu gönnen. Sein Leben läuft zur Zeit gerade neben der Spur. Vor drei Jahren wurde die Anwältin Katharina von Allwörden ermordet. Der Forensiker Nils Ohnsorg hatte die Beweise gefälscht und für eine schnelle Verurteilung eines Täters gesorgt. Jetzt war der Fall aufgeflogen. Die Schuld schob man Michael zu. Er wurde erst suspendiert und dann in eine Sonderermittlergruppe abgeschoben. Die soll Cold-Case-Fälle aufarbeiten.  Außerdem hat sich seine Frau von ihm getrennt. Sie verweigert ihm auch einen Besuch bei den Zwillingen.
Der Autor hat einen spannenden Thriller geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil ist ausgefeilt und sorgt für einen hohen Spannungsbogen. Gleichzeitig ist in jeder Zeile spürbar, dass der Autor weiß, worüber er schreibt.
Auch die Mitglieder der Gruppe werden gut charakterisiert. Jeder von ihnen wurde wegen einer Verfehlung abgeordnet. Ich darf miterleben, wie aus vier Einzelkämpfern nach und nach ein Team wird. Jeder hat seine Eigenheiten, aber auch seine besonderen Stärken.
Sie haben sich das Ziel gesetzt, den Tod der Anwältin aufzuklären. Dem einst dafür Verurteilte wurde unterstellt, Rache üben zu wollen, weil ihn die Anwältin nicht gut genug verteidigt hatte. Im Nachhinein stellt man fest:

„...Schlechte Verteidigung ist normalerweise kein Mordmotiv. Sonst würde es mehr Anwälte auf den Friedhof als im Gerichtssaal geben...“

Schnell stellt sich heraus, dass die Anwältin nicht nur eine Menge Feinde hatte, sondern auch über viele brisante Kenntnisse über die Hamburger Unterwelt verfügt. Wollte sie deshalb jemand zum Schweigen bringen? War das Ausräumen des Safes nur ein geschicktes Ablenkmanöver?
Als plötzlich beide Richter, die bei der Verurteilung des falschen Täters vor drei Jahren involviert waren, durch mysteriöse Umstände zu Tode kommen, ergeben sich weitere Fragen.
Hinzu kommt, dass der Gruppe bewusst Steine in den Weg gelegt werden. Ein Ermittlungserfolg ist nicht gewünscht.Ab und an blitzt ein gekonnter Sarkasmus auf:

„...Wer sich für geistig gesund hält, wurde nur noch nicht gründlich untersucht...“

Das Buch lässt Raum für das Privatleben der Protagonisten und schafft so einige Ruhepunkte, die die handelnden Personen aus völlig neuer Sicht zeigen.
Geschickt gestaltete Gespräche dienen der Analyse der Situation und treiben die Handlung voran. Noch ahnen die Vier nicht, dass der Fall auch für sie lebensgefährlich wird.
Die Geschichte wird logisch zu Ende geführt. Am Ende sind bezüglich der Akte Katharina von Allwörden keine Fragen offen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich freue mich auf weitere Fälle des Teams.