Rezension

Ein Gesellschaftsroman ...

Ein plötzlicher Todesfall - Joanne K. Rowling

Ein plötzlicher Todesfall
von J. K. Rowling

Bewertet mit 4 Sternen

Barry Fairbrother ist auf dem Weg mit seiner Frau Essen zu gehen, denn es ist ihr Hochzeitstag, als er auf dem Parkplatz tot zusammenbricht. Die ganze Kleinstadt ist in Aufruhr und alle sind bestürzt. Barry‘s früher Tod lässt eine große Lücke in der Gemeinde zurück, aber natürlich entwächst auch ein großer Wettkampf um den freien Platz im Gemeinderat. Jetzt heißt es jeder gegen jeden, es wird getratscht, Unwahrheiten in Umlauf gebracht und hoch gepokert. So manche Familie hat darunter zu leiden, aber auch die Gemeinde kämpft um Zusammenhalt und Glaubwürdigkeit nach außen. Wer wird den leeren Platz bekommen? Wer wird sich durchsetzen? Und wer wird verlieren? Eine verträumte Kleinstadt liegt in Krieg und ahnt noch gar nicht, was noch auf sie zukommt.

Das ist also J.K. Rowlings erster Roman für Erwachsene und ich bin sehr überrascht. Ich wusste ja zu Beginn schon, dass er sehr für unterschiedliche Meinungen gesorgt hat und diese eher negativer ausgefallen sind, als erwartet. Ich muss auch gestehen, dass ich erst mal sehr verwundert war und den Schreibstil der Autorin aus den Harry Potter Büchern gesucht habe. Immerhin hat sie mit der Reihe für jede Menge Fantasy, Spannung und Überraschung gesorgt, naja, Überraschungen bekommen wir hier auch. Allerdings muss man bei dieser Geschichte sagen, lässt sie sich Zeit, zu erzählen und so wirkt die Geschichte oft sehr langatmig. Ich glaube auch, das viele gar nicht mit einem sozial kritischen Gesellschaftsroman gerechnet hatten und so einfach enttäuscht waren. Denn hier liegt der Schwerpunkt bei den Menschen, die Tiefen, die Abgründe, das Böse in uns und das ist oft nicht so schnell zu entdecken und muss sich durch Situationen erzählt werden. Auch ist sehr auffällig, was ihre Sprachwahl angeht, wenn ihn Harry Potter ja alles sehr ordnungsgemäß erzählt wird, greift sie hier gern auch mal zu derben Wörtern und ich hatte das Gefühl, sie muss sieben Bände aufholen, um sich endlich auch mal so austoben zu können. Versteht mich nicht falsch, es war für die jeweilige Person passend und hat das alles perfekt unterstrichen, aber eben doch erst etwas gewöhnungsbedürftig, wenn sie direkt mit der Beschreibung unterhalb der Gürtellinie anfängt. 
Hier spiegelt Rowling also ein nach außen idyllisches Städtchen wieder, jeder kennt jeden, alle sind gut Kind und führen erfülltest Familienleben. Aber ist dem so wirklich? Hier schlägt die Autorin zu, wir haben hier in der Geschichte wirklich alles drin, frustrierte Ehefrauen, Gewalt in der Familie, Sehnsüchte, Männer mit Schwächen, Moralapostel und Drogensüchtige. Dazu kommt auch noch, das nicht nur von den Erwachsenen Problemen gesprochen wird, sondern wir bekommen einen Querschnitt aus allen Generationen, die Jugend bekommt so auch eine Stimme und ihre Probleme werden in Worte gefasst, unerfüllte Liebe, keine Anerkennung, Überlegenheitsgefühle und natürlich auch die Opfer einer Schicht, die schon immer vorverurteilt waren. So spinnt sie an allen Ecken und Enden ihrer Geschichte, lässt sie langsam entstehen und verknüpft Seite um Seite die Personen miteinander. So erleben wir arm gegen reich, Frauen gegen Männer, Kinder gegen Erwachsene, einfach der Kampf um alles oder nichts. Diese Stadt hat eine schöne Fassade, aber es brodelt ganz gewaltig darunter.
Ich persönlich fand das J.K. Rowling ihre Sache hier richtig gut gemacht hat. Sie nimmt kein Blatt vor dem Mund und zeigt auf die grausame Wahrheit unserer Gesellschaft, die Reichen möchten reicher werden und die Armen werden immer um ihr nacktes Überleben kämpfen müssen. Dann kommen noch die Gedanken dazu, was wird der Nachbar denken und wie kann ich diesen einem etwas reinwürgen, ohne das er das mitbekommt. Wir alle kennen es und wir verschließen davor gern die Augen, viele Probleme hier haben wir selber und manche hören wir ständig in den Nachrichten. Für mich hat sich Rowling hier in eine Reihe von Autoren eingereiht, die schon vor ihr ein Gesellschaftsbild abgeliefert hatten, was entsetzt und wachrüttelt und einen sagen lässt, leider ist es so. Ich habe früher schon gern so was gelesen und bin hier auch nicht enttäuscht wurden, bis auf kleine Längen finde ich es lesenswert.