Rezension

Eine digitale Gesellschaft am Rande des Zusammenbruchs

Influence - Fehler im System - Christian Linker

Influence - Fehler im System
von Christian Linker

Bewertet mit 4.5 Sternen

Worum geht’s?

Für Amir sollte es der größte Tag seines Lebens werden. Er ist im Besitz eines geheimen Datenchips, den er an den anonymen Blogger und Netzaktivisten Habakuk übergeben soll und dessen Veröffentlichung zu dem wohl gewaltigsten Skandal des Internets führen würde. Am Tag der Übergabe bricht jedoch das gesamte Netz zusammen, und die Welt versinkt im totalen Chaos. Ein Urheber der Attacke kann nicht identifiziert werden, und so sieht Amir seine einzige Möglichkeit darin, trotz der widrigen Umstände nach dem geheimnisvollen Habakuk zu suchen. Dabei begibt er sich unwissentlich in Lebensgefahr, denn was ihm Whistleblower Manfred nicht verraten hat, sind die Identitäten der Drahtzieher des digitalen Blackouts – Und die haben nicht nur Freunde.

 

Meine Meinung

So abwegig wie eine Cyberkalypse im ersten Moment auch klingen mag – Dieses Buch zeigt, dass ein solches Szenario nicht völlig undenkbar wäre. In dieser Geschichte wird dem Leser ein Spiegel vorgehalten, besonders was den eigenen Internetkonsum angeht. Der erste Griff am Morgen geht zum Smartphone? Bezahlt wird fast ausschließlich online, Bargeld hat man nur noch für den absoluten Notfall dabei? Mit den eigenen Daten wird im Netz beinahe völlig sorglos umgegangen? All das entspricht heute der Lebensrealität vieler Menschen, und das wird in Influence – Fehler im System kritisiert.

Der Schreibstil ist sehr jugendlich gehalten und angenehm zu lesen, was mir besonders bei dem teils sehr hohen Tempo der Geschichte positiv aufgefallen ist. Die Spannung wird von der ersten Seite an hochgehalten, angefangen beim Ausfall des Internets bis hin zur Flucht quer durch Deutschland, die Amir mit Habakuk gemeinsam antreten muss.

Besonders spannend an Amir fand ich, dass er eigentlich ein ziemlich durchschnittlicher junger Mensch ist. Als Student mit marokkanischen Wurzeln sind seine Lebensumstände vielleicht noch mal ein wenig anders als die von Lesern ohne Migrationshintergrund, aber darauf wird der Fokus hier gar nicht gelegt. Er agiert gerne im Hintergrund, möchte aber trotzdem etwas bewegen und an einflussreichen Ereignissen beteiligt sein, ohne sich selbst dabei in den Vordergrund zu stellen. Das hat ihn in meinen Augen zu einem sehr sympathischen Protagonisten gemacht, dessen Handlungen meistens logisch waren und dessen Entwicklung keine vollkommene 180-Grad-Wendung war.

Durch sein Praktikum im Büro eine Politikerin kommt er an besagten Datenchip, was so ziemlich seiner Vorstellung von an einem wichtigen Ereignis beteiligt sein entspricht. Er und Habakuk sind ein interessantes Team, das auf der einen Seite sehr gegensätzlich ist, sich gleichzeitig aber durch ihre verschiedenen Charakterzüge auch gut ergänzt. Besonders durch die regelmäßigen Sprünge zwischen Gegenwart und der Zeit von Amirs Praktikum wird noch einmal deutlich, wie er sich als Charakter entwickelt und wie er mit den Herausforderungen, auf die er trifft wächst.

Das einzige Manko an dieser Geschichte war für mich das etwas hektische Ende. In sehr kurzer Zeit passieren unglaublich viele Dinge, man erfährt, wer wie an dem digitalen Blackout beteiligt ist und es kommt zu einem großen Showdown, der so einige offene Fragen klärt. Das Ende selber bleibt dabei jedoch ebenfalls relativ offen, was mich irgendwie ein wenig unbefriedigt zurückgelassen hat. Andererseits besteht so jedoch noch immer die Möglichkeit einer Fortsetzung, von daher will ich mich überhaupt nicht voreilig beklagen.

 

Fazit

Mit Influence – Fehler im System hat Christian Linker einen sehr lebensnahen und spannenden Thriller verfasst, der nicht nur unterhält, sondern auch Kritik am gesellschaftlichen Umgang mit Medien und den digitalen Möglichkeiten dieser Welt übt. Viele Leser werden sich zumindest teilweise in dieser Geschichte wiederfinden können, denn in unserer digitalisierten Welt ist die häufige Nutzung des Internets natürlich keine Seltenheit mehr, sonder fast schon eine automatisierte Handlung. Wenn man über einige kleine Schwächen am Ende des Buches hinwegsieht, kann man sich auf ein spannendes Abenteuer mit zwei sympathischen Charakteren freuen, die in einem nicht völlig abwegigen Szenario herausfinden müssen, was für sie zählt und wie viel Raum sie dem Internet in ihrem Leben geben wollen – Und nebenbei versuchen, die Welt zu retten.

Dafür gibt es von mir viereinhalb Bücherstapel