Rezension

Emotional packend und großartig recherchiert

Eine Liebe zwischen den Fronten - Maria W. Peter

Eine Liebe zwischen den Fronten
von Maria W. Peter

Bewertet mit 4.5 Sternen

Im Jahre 1870 wollen sich der preußische Arzt Paul und die Französin in Berlin verloben – doch die Feier wird rasch gestört: zwischen Preußen und Frankreich ist Krieg ausgebrochen. Paul muss als Militärarzt seinen Dienst antreten. Währenddessen reist Madeleine mit ihrem Vater ab, um in ihre Heimatstadt Metz (Lothringen) zurückzukehren. Aus einem liebenden Paar werden formal Feinde. Werden die beiden Krieg überstehen und wieder zueinander finden können?

Der historische Roman erzählt das Schicksal dreier Familien vor dem Hintergrund des letzten Einigungskriegs des späteren Deutschen Reichs. Insgesamt hat Maria W. Peter, die 2018 mit dem Homer-Preis ausgezeichnet wurde, fünf Jahre für diesen Roman recherchiert und dabei auch ihre eigene Familiengeschichte eingebunden. Bevor ich auf die Figuren und den Stil eingehe, sei gesagt: diese lange Recherche hat sich gelohnt! In dieser Geschichte stecken zahlreiche Details, die auf wahren Begebenheiten und realen Menschen beruhen, dass es einem beim Lesen leicht fällt, eine kleine Zeitreise zu unternehmen. Schöner Nebeneffekt: man wird nicht nur gut unterhalten, sondern lernt auch viel neues dazu. Da ich in der Nähe der Französischen Grenze aufgewachsen bin, war dieser Krieg bei uns im Schulunterricht immer wieder Thema, dazu besitze ich noch ein ausgeprägtes Interesse an Gesichte und doch musste ich beim Lesen immer wieder erkennen, wie wenig ich bislang wusste. Vor allem über die französische Perspektive auf die Geschichte beider Länder. Frau Peter ist es nicht nur gelungen, einen emotional packenden Roman zu schreiben, sondern auch all das zu vermitteln, was das deutsche Bildungssystem ausgelassen hat. Insbesondere die Darstellung der jeweiligen politischen Situationen beider Länder hat mich begeistert.

Im Zentrum der Geschichte stehen nicht nur Madeleine und Paul, sondern auch einige weiterer Figuren. Unter anderem Madeleines Bruder Clément, das Hausmädchen Djamila und ihr Bruder Karim.

Clément studiert in Paris, hasst die Preußen (und alles Deutsche) und träumt von der Republik. Für mich ist er eine der interessantesten Figuren des ganzen Romans. Trotz seiner, teilweise radikalen, Gedanken beweist er an mehren Stellen Menschlichkeit. Anfangs wirkt er absolut unsympathisch, im Laufe der Geschichte wird allerdings klar, dass er eine tragische Figur ist. Ein junger Mann, der nicht so genau weiß, wohin er gehört und der erst noch seinen Platz im Leben finden muss. „Zerrissen“ beschreibt ihn als Adjektiv wohl am besten.

Djamila stammt aus Algerien, als Kind musste sie mitansehen, wie ihre Eltern von den Franzosen ermordet wurden. Das ist übrigens auch eine Stärke des Romans: er bringt nicht nur die Preußische bzw. Deutsche und die Französische Perspektive ein, sondern beleuchtet auch die Geschichte der Kolonialisierung und die Perspektive dieses unterworfenen Volkes, das trotzdem für Frankreich den Kopf hinhalten muss. An Djamila wird das weniger deutlich als an Karim.

Karim ist ein algerischer Soldat, der in einem Krieg kämpfen muss, der nicht der seine ist. An der Seite jenes Volkes, das seine Familie ermordet und sein Land besetzt hat. Statt jedoch von Hass auf die Franzosen zerfressen zu sein, ist es sein Ziel, ein Kriegsheld zu werden.

Jede und Jeder von ihnen hat Ecken und Kanten, sodass es Spaß macht, sie im Laufe der Geschichte besser kennen zu lernen. Aber auch die Nebenfiguren sind liebevoll ausgearbeitet. Erzählt wird die Geschichte aus Perspektive dieser Hauptfiguren, wodurch nicht nur ein unterschiedlicher Blick auf die Handlung, sondern auch auf die reale Geschichte geboten wird.

Der Stil ist flüssig und angenehm zu lesen, die Umgebung wird so gut beschrieben, dass man sich alles im Kopf vorstellen kann – besonders die Beschreibungen der wunderschönen Stadt Metz haben es mir angetan. Aber auch die Kriegsszenen sind hervorragend beschrieben, so hart es manchmal ist, man steht beim Lesen gedanklich mit auf dem Schlachtfeld. Hierbei zeigt sich wieder die intensive Recherche, die in diesem Buch steckt.

Auch die Emotionen werden überzeugend rübergebracht und sind nachvollziehbar. Sowohl der Schrecken des Krieges als auch die leisen, hoffnungsvollen Momente zwischendurch.

Die ist wohl die längste Rezension, die ich je geschrieben habe. Das hat vor allem einen Grund: in wenigen Worten scheint es mir kaum möglich, die Qualität dieses großartigen Buches zu verdeutlichen. Für mich ist „Eine Liebe zwischen den Fronten“ eines der wenigen Bücher, an denen es absolut nichts zu bemängeln gibt. Ein absolutes „Muss“ für alle Fans von historischen Romanen, bittersüßen Liebesgeschichten und einfach gut geschriebenen Büchern.