Rezension

Geschichte aus dem Kalten Krieg

Die Diplomatenallee -

Die Diplomatenallee
von Annette Wieners

Bewertet mit 1 Sternen

1974 in Bonn: Die DDR will eine Ständige Vertretung eröffnen, weil eine Botschaft nicht möglich ist. Ein Ehepaar Heike und Peter führt einen Schreibwarenladen in der Nähe des Abgeordnetenhauses und hat MdBs unter seinen Kunden. Die Ehe der beiden ist eher ein Zweckbündnis, doch das ist in Ordnung. Allerdings hat die Frau dem Mann nicht gesagt, dass sie eine geniale Graphologin ist.

Die Graphologie, heute am ehesten mit der Astrologie vergleichbar, ist das Zentrum des Romans, denn Politiker und Stasi sind daran interessiert, in die Köpfe der Menschen zu schauen, um sie leichter manipulieren zu können. Und so manipuliert der Prof. Buttermann, den Heike von früher kennt, sie und zwingt sie für die Stasi zu arbeiten. Der BND will daraufhin wissen, was sie tut. Der unwissende Ehemann versteht auch weiterhin nichts, weil Heike es ihm erst nicht anvertraut. In seine Gedankenwelt wird der Leser ausführlich eingeführt.

Im weiteren Verlauf werden verschiedene Aspekte der Spionage beleuchtet, auch der bekannte Spion Günter Guillaume hat einen Auftritt.

Das Thema hat mich interessiert. Von Graphologie hatte ich früher gehört, aber nun seit Jahrzehnten nicht mehr. Heute ist eher von Legasthenie die Rede.

Bonn kenne ich aus den 80er Jahren, ebenso die DDR. Ich war gespannt, was daraus für eine Geschichte wird.

Ich stimme komplett mit dem überein was Julian Hübecker schreibt: "Doch die Geschichte will einfach nicht ankommen. Keine der Figuren kann in irgendeiner Weise überzeugen: Buttermann ist ein widerlicher, anbiedernder Mann, der sich sehr dumm beim Versuch anstellt, Heike ins Boot zu holen; Heike wird wiederholt als „größte Graphologin, die Deutschland je gesehen hat“ vorgestellt – davon konnte sie mich als Leser jedoch nicht überzeugen; ihr Mann Peter stolpert zwischen Zweifeln seiner Frau gegenüber und unumstößlichem Vertrauen hin und her; und die Agenten beider Seiten, die sich bei Heike die Klinke in die Hand geben, agieren stümperhaft – oder all die Agentenfilme und -bücher haben mich zu viel erwarten lassen.

Auch mit dem Schreibstil wurde ich überhaupt nicht warm. Die Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit passierten so plötzlich, dass man sich erstmal neu orientieren muss, bis man merkt, dass man wieder im „Jetzt“ ist.

Auch die ständigen Grübeleien von Heike und Peter, die in Fragezeichen, Ausrufezeichen und gedanklichen Ausrufen münden, gehen irgendwann auf die Nerven. Die Art, wie die Autorin schreibt, hat wohl einfach nicht meinen Geschmack getroffen.

Annette Wieners nimmt sich eines Themas an, das sehr spannend ist und hervorragend in das Spannungsfeld zwischen Ost- und Westblock passt. Leider will die Geschichte aber überhaupt nicht zünden – da helfen auch die spannenden Auseinandersetzungen und Heikes Angst um ihre Familie nicht, die immer realer wird, je weiter das Buch fortschreitet."