Rezension

Historisch-wissenschaftlicher Roman rund um die Grapholgie und das Verhältnis BRD/DDR im Jahr 1974

Die Diplomatenallee -

Die Diplomatenallee
von Annette Wieners

Bewertet mit 3.5 Sternen

Diese Familiengeschichte mit zeitgeschichtlichem Bezug fasziniert durch ihren wissenschaftlichen Hintergrund, die Graphologie.

Die Mittdreißigerin Heike führt im Bonn des Jahres 1974 ein bürgerliches Familienleben mit Mann und Kindern und einem Schreibwarenladen. Noch zehn Jahre zuvor befand sie sich, sehr begabt, im Studium der Graphologie mit einem renommierten Professor als Förderer, der sie vor Jahren vor ihrem gewalttätigen Vater in Schutz nahm. Das hat sie jäh abgebrochen, weil ihr bewusst unfachmännisch eingesetztes Wissen vermeintlich Unglück über eine Kommilitonin brachte. Jetzt, im zeitlichen Zusammenhang mit der Eröffnung der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn, verlangt der Professor, der für die Stasi arbeitet, von ihr Wiedergutmachung in Form graphologischer Tätigkeit auch für die Stasi. Doch auch der Bundesnachrichtendienst will sie einspannen. Die Ereignisse spitzen sich zu und Heikes Familienleben ist bedroht.

Was den Themenkomplex der Graphologie anbelangt, so ist dieser höchst interessant. Mir war gar nicht bewusst, welch hohe Bedeutung diese Wissenschaft in den 1960er/1970er Jahren in Deutschland (in beiden Teilen) hatte. Behörden, Unternehmen und eben auch Geheimdienste bedienten sich ihrer. Immer wieder werden Analysemöglichkeiten bzgl. der Handschrift in die Geschichte eingeflochten. Der Strang der Familiengeschichte dagegen fing gut an, fiel dann aber angesichts der immer dramatischer werdenden Ereignisse zusehends ab. Die Romanfiguren rund um Heike und ihre Familie wirkten auf mich recht gekünstelt und unwirklich. Am Ende der Geschichte habe ich Antworten auf Rolle und Verbleib einiger Personen vermisst.

Ein unterhaltender Roman, der zur Beschäftigung mit der Graphologie animiert.