Rezension

Guter Stil, nichtssagende Handlung

Melmoth - Sarah Perry

Melmoth
von Sarah Perry

Bewertet mit 2 Sternen

Helen Franklins Leben nimmt eine jähe Wende, als sie in Prag auf ein seltsames Manuskript stößt. Es handelt von Melmoth - einer mysteriösen Frau in Schwarz, der Legende nach dazu verdammt, auf ewig über die Erde zu wandeln. Helen findet immer neue Hinweise auf Melmoth in geheimnisvollen Briefen und Tagebüchern - und sie fühlt sich gleichzeitig verfolgt. Liegt die Antwort, ob es Melmoth wirklich gibt, in Helens eigener Vergangenheit?

"Melmoth" ist nach "Die Schlange von Essex" und "Nach mir die Flut" das dritte Buch, das ich von Sarah Perry las. "Die Schlange" hat mich damals schwer beeindruckt, und obwohl "Flut" danach eine ziemliche Enttäuschung war, freute ich mich sehr auf "Melmoth": ich erwartete einen atmosphärischen Schauerroman in gewohnt schöner Sprache. Leider konnte mich Perrys neuester Roman noch weniger beeindrucken als "Nach mir die Flut". Die Handlung wechselt zwischen Helens Leben - in dem es eine Schuld gibt, die dem Leser erst zum Ende hin offenbart wird und wegen der sie sich zu einer Art Exil verurteilt hat - und Auszügen aus dem Manuskript. Dieses wurde unter etwas unheimlichen Umständen erworben und enthält mehrere Berichte, die mit der geheimnisvollen Frau Melmoth, auch die Zeugin genannt, in Zusammenhang stehen und die als unheimliche, lockende, vermeintlich tröstende Frau beschrieben wird, welchen sich besonders einsamen oder schuldbeladenen Menschen zeigt.

Zu Beginn war die Handlung wirklich interessant und wunderschön geschrieben, das winterliche Prag bot eine angenehm dunkle, etwas schaurige Atmosphäre. Leider ist aber nie wirklich etwas Interessantes passiert. Die verschiedenen Inhalte des Manuskriptes lasen sich erst spannend und machten neugierig auf die Hintergründe, bald war es aber nur noch beschwerlich, immer neue und teils in ihrer Aussage unverständliche Beiträge zu lesen. Da immer wieder angedeutet wurde, dass Helen eine tiefe Schuld in sich trägt, wartete ich darauf, dass Melmoth ihr endlich erscheint und der Geschichte eine Wendung gibt. Aber beide - sowohl Helens Schuld als auch Melmoth - stellen sich als Effekthascherei heraus: Helens Schuld, um die ein wirklich großes Gewese gemacht wird, ist wirklich lächerlich (es ist eher ein persönliches Trauma), und was es schlussendlich mit Melmoth wirklich auf sich hatte - das kann ich gar nicht mal so genau sagen. Offen gesagt hat mich die Konzentration und Leselust nach der äußerst langatmigen Rückblende auf Helens "Schuld" dermaßen verlassen, dass ich mich auf die Handlung kaum mehr einlassen konnte. So richtig verstanden habe ich alles am Ende nicht, und mir fehlte auch die Motivtation, den Schluss noch einmal in Ruhe zu lesen. "Melmoth" ist sehr gut geschrieben, aber ein sehr enttäuschendes Buch, sogar für einen Schauerroman, in welchen es ja oft sehr langsam und detailliert vorwärts geht. Hier fehlt aber auch der Protagonistin jede Tiefe, ihr Verhalten grenzt an Lächerlichkeit. Sehr schade!