Rezension

Hass im Netz

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von Hanna Bervoets

„Ein Video von jemandem, der seine Katze aus dem Fenster wirft, ist nur dann erlaubt, wenn es nicht aus grausamen Motiven geschieht, ein Foto von jemandem, der seine Katze aus dem Fenster wirft, ist immer erlaubt.“

 

Kayleigh hat für einige Monate als Content Managerin für ein nicht näher bezeichnetes soziales Netwerk gearbeitet. Für einen Anwalt, der ihre ehemaligen Kolleg*innen in einer Sammelklage gegenüber ihrem ehemaligem Arbeitgeber, dem Subunternehmer Hexa, vertritt, schreibt sie ihre Erlebnisse aus der Zeit auf. Ihr Bericht ist ernüchternd: die Arbeitsbedingungen sind schlecht, der Druck ist hoch und die Content Manager*innen werden mit all der Gewalt und dem Hass, den sie tagtäglich moderieren sollen, allein gelassen. Schon nach kurzer Zeit werden die Risse in Kayleighs Kolleg*innen/Freundesgruppe sichtbar. Alkohol, Drogen, Paranoia, Insomnia, Verschwörungstheorien. Ist Kayleigh wirklich als einzige dagegen immun?

 

Nach „Automaton“ von Berit Glanz ist „Dieser Beitrag wurde entfernt“ der zweite Roman dieses Jahr, der sich mit den Arbeitsbedingungen und den enormen psychischen Belastungen der Content Moderator*innen widmet. Ein Thema, mit dem sich die meisten (mich eingeschlossen) wahrscheinlich nie beschäftigt haben. (Ergänzend sei an dieser Stelle der Beitrag des y-Kollektivs empfohlen.) Allein die Vorstellung, mit was diese Leute täglich konfrontiert werden, um den Rest vor uns vor genau diesen Bildern zu schützen, ist grauenvoll. Gleichzeitig sind die Content Moderator*innen von den großen Plattformen maximal austauschbar und werden bei „Nichtfunktionieren“ praktisch sofort ersetzt.

 

Hanna Bervoets schafft es auf nur etwas mehr als 100 Seiten die zunehmende Belastung der Freundesgruppe zu zeigen, die zunehmend zu Spannungen und Gewalt führt. Insbesondere die Entwicklung von Kayleigh, die sich in ihrer Introspektion kaum von den geprüften Inhalten beeindruckt zeigt, hat mich beeindruckt. Ich habe das Buch innerhalb eines Vormittags auf der Couch inhaliert und würde mir wünschen, dass diesem Bereich des Internets mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.