Rezension

Hervorragend geschrieben

Stern 111 - Lutz Seiler

Stern 111
von Lutz Seiler

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Stern 111", das ist ein altes Kofferradio aus der DDR, eine Erinnerung an alte Zeiten für Carl und seine Eltern Inge und Walter. Ein Ausschnitt aus diesem Radio ist auch das Titelbild, das man beim ersten Anblick nicht einzuordnen weiß, wenn man das Radio - wie ich - nicht kennt.

Zwei Tage nach dem Fall der Mauer reisen Inge und Walter in den Westen aus, Carl, ein gescheiterter Student und Dichter, soll die Wohnung in Gera übernehmen und auch den alten Shiguli, ein Auto aus russischer Produktion. Doch irgendwann beschließt er nach Berlin zu gehen, wo er in der Hausbesetzerszene Freunde findet und sich dem "Hirten" anschließt, der leere Wohnungen besetzt und auch für Carl eine solche Wohnung findet. Die "Assel", eine primitive Kellerkneipe, wird sein zweites Zuhause und er findet seine Jugendliebe Effi wieder. Von seinen Eltern hört er nur sporadisch in Briefen seiner Mutter. Doch dann kommen die Eltern ihrem geheimen Ziel näher...

Auch wenn das Buch einige Längen hat und lange Zeit wenig passiert, so hat mich das Buch doch durch seine präzise Sprache und die genaue Beobachtung beeindruckt. Die Atmosphäre und das Chaos der Jahre nach der Wende sind sehr nachvollziehbar geschildert und auch wenn man die Zeit nicht in Berlin erlebt hat, so kann man sich alles sehr gut vorstellen. Alles ist möglich und die Welt steht den Menschen plötzlich offen, aber nicht alle wissen mit der neuen Freiheit etwas anzufangen. Umso beeindruckender ist, mit welcher Zielstrebigkeit Carls Eltern ihren Weg gehen und ihren Traum verwirklichen.

Sicherlich werden durch das Buch bei ehemaligen Bewohnern der DDR Erinnerungen geweckt, die ich als Wessi nicht teilen kann, aber ich fand das Buch trotzdem sehr beeindruckend und es hat mir viel über die Menschen im Osten vermittelt. Es hat zu Recht den Preis der Leipziger Buchmesse erhalten.