Rezension

historische Chronik mit Sarkasmus

Der Untergang Barcelonas - Albert Sánchez Piñol

Der Untergang Barcelonas
von Albert Sanchez Pinol

Zuvi ist ein Taugenichts mit rabenschwarzen Haar und den Kopf voller Flausen. Als er einen besonders großen Fauxpas begeht, schickt ihn seine Klosterschule zum Grafen Vauban. Sein Leben ändert sich schlagartig, lernt er doch da erst, was wirkliches Lernen bedeutet. Ihm ist eine glorreiche Zukunft beschieden, als Ingenieur, wenn er die Ausbildung mit Bravour abschließt, Doch dann erkrankt sein Meister, und er verlangt als Prüfung von Zuvi nur ein einziges Wort – welches er nicht kennt. So begibt er sich auf eine Reise quer durch das kriegsgebeutelte Spanien, immer auf der Suche nach dem Wort, und gewinnt dort Freund und Feind.

Was soll ich sagen? Zunächst einmal, dass ich mit falschen Erwartungen an dieses Buch herangegangen bin. Ich hoffte auf einen Roman, in den ich eintauchen und in dem ich einige amüsante Stunden verbringen könnte. Diese profane Hoffnung wurde leider nicht erfüllt. Dafür, zu meinem eigenen Erstaunen, weniger und so viel mehr.
Aber beginnen wir von vorn. Dem Anfang, welchen ich durchaus gelungen fand. Ein alter Mann diktiert seiner Haushaltshilfe seine Geschichte, auf eine sarkastische Art, und er geizt auch nicht mit Schimpfwörtern. Alles in allem ein toller Einstieg, der Interesse weckt.
Wir verfolgen Zuvi auf seinem Weg durch das Leben und auf der Suche nach dem Wort, und bei seinem Kampf um Barcelona, bei dem seine Hilfe von unschätzbarem Wert ist. Er lernt mehr oder minder kuriose Gestalten kennen, manche davon auch lieben. Und diese Liebe ist es, die ihm eine Heimat schenkt. Barcelona. Ich hatte das Gefühl, Zuvi zu verstehen. Der Autor kann solche Gefühle darstellen, ohne es wirklich auszusprechen. Und das ist meiner Meinung nach bemerkenswert. Zuvi begegnet einer Fülle von Charakteren, manche sind ihm wohl gesonnen. Andere eher weniger. Aber ich habe die Gründe, seine persönlichen Gründe, Barcelona zu schützen verstanden.
Der Stil des Autoren ist mehr als außergewöhnlich. Ich flog nach kurzer Zeit nur so durch die Seiten, trotz dessen das man das Buch kaum als einen Roman bezeichnen kann. Eher als einen historischen Bericht, bei dem die Feder des Autor ab und zu Mal auf Abwege geraten ist. Aus dieser Chronik erfährt man allerlei wissenswertes (ich wusste Beispielsweise noch nicht, dass es zu der damaligen Zeit üblich war, als Ingenieur Punkte auf den Unterarm tätowiert zu bekommen, als Zeichen der Güte). Auch wimmelt es im Buch von Strategischen Beschreibungen, Karten und zeitgenössischen Skizzen (besonders das letztere fand ich sehr aufschlussreich).
Diese Mischung mag nicht bei jedem funktionieren. Manchmal zieht sich das Buch recht endlos in die Länge. Bei mir jedoch hat gerade diese Mischung aus einem exzellenten Stil und historischer Detailtreue funktioniert.
4,5 Sterne vergebe ich für ein höchst lehrreiches Buch, was jedoch durchaus seine Tücken und Längen aufweist.