Rezension

Ich war ja schon begeistert von Band 1 und Band 2 - dass Rainer Wekwerth aber mit Band 3 noch mal einen draufsetzen kann, hätte ich nicht gedacht.

Das Labyrinth ist ohne Gnade - Rainer Wekwerth

Das Labyrinth ist ohne Gnade
von Rainer Wekwerth

Bewertet mit 5 Sternen

"Sie waren sieben gewesen. 
Nun waren sie nur noch zu dritt. 
Und das Labyrinth war noch lange nicht mit ihnen fertig."
(Zitat, Seite 15)

Nahtlos knüpft der Finalband an die Ereignisse aus Band 2 an und wiederholt sogar noch mal die letzten Augenblicke, sodass ich als Leserin dieser Reihe sofort wieder ins Labyrinth hineingezogen wurde, ohne mir auf den ersten Seiten Gedanken machen zu müssen, wo ich stecke, was ich hier treibe und wer die 3 Jugendlichen um mich herum sind. Die Zeit für abschweifende Gedanken hatte ich nämlich gar nicht, denn gnadenlos tickt sie, die Zeit, gegen unsere 3 verbliebenen jungen Helden. Ebenso gnadenlos präsentiert sich der Autor, indem er seine Protagonisten in einem atemberaubenden Tempo immer und immer wieder an den Rand der Verzweiflung treibt. Er konfrontiert sie mit ihren größten Ängsten und ihrer Vergangenheit, die sich von Minute zu Minute klarer aus dem Nebel des Vergessens erhebt und wie ein unüberwindbarer Berg vor ihnen aufbaut. 

Wer ist stark genug? Wer wird das letzte Tor erreichen? Wer opfert sich womöglich freiwillig, um das Leben seiner Liebe zu retten? Und was verbirgt sich hinter dem letzten Tor? Wer oder was wird den letzten Kämpfer oder die letzte Kämpferin dahinter erwarten? Welcher Wahrheit muss er oder sie ins Auge blicken? All diese Fragen beschäftigen unsere Helden, doch der Weg zum Ziel ist noch lang und beschwerlich.... sogar tödlich... für zwei von ihnen... denn am Ende kann nur 1 überleben...

Für mich waren die ersten 150 Seiten der absolute Wahnsinn. Ich habe sie in einer Art Rausch erlebt, mit rasendem Herz und weit aufgerissenen Augen. Rainer Wekwerth spielt mit seinen Figuren ebenso wie mit seinen Lesern. Mithilfe von kurzen Absätzen sowie fiesen Cliffhangern, baut er gekonnt ein hohes Tempo auf, lässt die Spannung ins Unermessliche steigen, schwenkt immer wieder zwischen seinen Figuren hin und her und lässt sie an sich zweifeln, womit er auch uns Leser in die Irre führt. Was ist real und was bloß Einbildung? Wem können wir trauen? Alle miteinander tappen wir - im wahrsten Sinne des Wortes - im Dunkeln, kämpfen uns an Bord eines Geisterschiffes durch ein mörderisches Unwetter, stoßen auf Personen, die eigentlich gar nicht dort sein dürften und sehen schließlich machtlos dabei zu, wie aus Dreien Zwei werden. Das Labyrinth ist ohne Gnade - der Titel übertreibt nicht.

"Das hier ist eine Welt des Labyrinths. Das heißt, es wird hier genauso gefährlich, genauso albtraumhaft und genauso tödlich für einen von uns enden wie bisher. 
Wir sind nicht in meinem realen Leben. 
Wir sind in der Hölle meines Lebens!"
(Zitat, Seite 47)

Ab der Hälfte des Buches nimmt der Autor das Tempo ein bisschen raus, lässt die Ereignisse und die Figuren noch einmal Revue passieren (die Art und Weise fand ich sehr berührend!) und schickt schließlich den/die letzte/n verbleibende/n Protagonist/in auf den steilen Weg zum sechsten und somit finalen Tor.

Die Auflösung an sich war für mich nachvollziehbar, passend zur Geschichte, wenn auch etwas abstrakt. Meiner Meinung nach zählen die letzten 100 Seiten zu den schwächeren dieser Trilogie, doch ich jammere hier auf sehr hohem Niveau. Das Ende vom Ende wiederum hat mich jubeln lassen. Ich liebe es, wenn man eigentlich erwartet, eine Reihe abschließen zu können, schlussendlich aber selbst auf den allerletzten Seiten noch mal an der Nase herumgeführt wird. So beschäftigt einen die Geschichte auch nach dem Zuschlagen des Buches noch eine ganze Weile. Die Trilogie ist beendet und doch darf die Geschichte in unseren Köpfen weiterleben.

Nun heißt es Abschied nehmen. Abschied nehmen von einer großartigen, mitreißenden, spannenden, aufwühlenden, abenteuerlichen, unvorhersehbaren, gnadenlosen, fesselnden, qualitativ unheimlich hochwertigen und (deshalb zu Recht!) preisgekrönten Trilogie und ihren Helden. Ich werde das Labyrinth in besonderer Erinnerung behalten.
Lieber Rainer Wekwerth, es war mir ein ganz großes Lesefest! Du siehst mich restlos begeistert! Ich bin unfassbar glücklich darüber, dass du mich an der Seite von Jeb, Jenna, León, Tian, Mary, Mischa und Kathy ins Labyrinth mitgenommen hast. Vielen Dank für die vielen fantastischen Lesestunden, die ich mit deinen drei Büchern verbringen durfte!