Rezension

In eisiger Nacht

In eisiger Nacht - Tony Parsons

In eisiger Nacht
von Tony Parsons

Bewertet mit 4 Sternen

Als die Polizei zu einem verlassenen LKW im Londoner Chinatown gerufen wird, können sie nur noch den Tot von elf jungen Frauen feststellen. Eine einzige hat die Fahrt in dem Kühltransporter überlebt, aber die Chancen für Hana sind ebenfalls schlecht und nur wenige Stunden später erliegt auch sie den Erfrierungen. Detective Max Wolfe muss ermitteln und kommt schnell einer Bande von Menschenschmugglern auf die Spur. Offenbar wurden die Frauen illegal ins Land gebracht, um in Bordellen zu arbeiten und die Wünsche der Freier zu erfüllen. Die Handlanger sind schnell ausgemacht, aber an die Hintermänner zu kommen wird ein gefährliches Unterfangen, das den Ermittlern alles abverlangt.

 

Band 4 um den alleinerziehenden Londoner Ermittler kann nahtlos an die Vorgänger anknüpfen und überzeugt einmal mehr mit einem starken Protagonisten, der erfreulicherweise so gar nicht die gängigen Klischees bedient, und einer ebenso komplexen wie sauber gelösten Geschichte.

 

Tony Parsons greift ein aktuelles Thema auf: der Wunsch vieler junger Menschen, insbesondere junger Frauen, in Westeuropa ein besseres Leben zu finden. Unter falschen Versprechungen vertrauen sie sich skrupellosen Schmugglern an, denen das einzelne Menschenleben egal ist, da nur das Geld zählt, das sie mit der Ware machen können. Dass der Traum von ehrlicher und guter Arbeit sich selten erfüllt und oftmals zum Alptraum in Prostitution und ähnlichem wird, ist hinlänglich bekannt. Wie verzweifelt die illegalen Einwanderer sind, dass sie ihr Leben riskieren und wie prekär ihre Lage ist, sofern sie die Reise überhaupt überstehen, wird an vielen Stellen des Krimis deutlich. Dass sie aber nur kleine Rädchen in einem großen Gebilde sind, kann man sich denken und so kommt es auch hier, dass der Anlass der Ermittlungen in immer neue Richtungen führt und so manch unerwartete Überraschung zu bieten hat.

 

Für mich war einmal mehr die Figur von Max Wolfe am stärksten. Schon die Anlage als alleinerziehender Vater, der permanent zwischen Tochter und Beruf zerrissen ist und sich Vorwürfe macht, das Kind zu vernachlässigen – ein sehr modernes Bild, das man in Krimis selten findet. Seine Sensibilität gegenüber den Kollegen ist ebenfalls bemerkenswert, vor allem, weil sie authentisch und nicht kitschig wirkt. Ein insgesamt stimmiger und runder Krimi, der mit soliden Figuren und guter Story punkten kann und auf effekthascheriger Cliffhanger und übertriebene Spannungsmomente verzichtet.