Rezension

Milchgeld // Volker Klüpfel & Michael Kobr

Milchgeld - Volker Klüpfel, Michael Kobr

Milchgeld
von Volker Klüpfel Michael Kobr

Bewertet mit 3 Sternen

Mit Provinzkrimis ist es so eine Sache. Die einen lieben sie, während die anderen so gar nichts damit anfangen können. Ich zähle mich zu ersterer Gruppe. Seit Rita Falk und ihrem Franz Eberhofer bin ich ein Fan von ländlich angehauchten Krimis. Obwohl Volker Klüpfel und Michael Kobr innerhalb der Provinzkrimis ein ganz anderes Publikum bedienen, musste ich mir natürlich anschauen, was die beiden aus ihrem Romanhelden Kluftiger gemacht haben.

Kommissar Kluftinger ist in seinem Heimatort Altusried eigentlich ein typischer Land-Polizist. So richtig etwas aufregendes passiert nur selten. Umso mehr wirft es den Kriminaler mit Vorliebe für Käsespätzel aus der Bahn, als in diesem beschaulichen Örtchen ein Mord geschieht. Ein Lebensmitteltechniker wurde in seiner Wohnung mit einer Vorhandschnur erwürgt. Kluftinger muss gar nicht lange suchen, um herauszufinden, dass das Opfer eine sehr durchwachsene Vergangenheit aufzuweisen hat. Nicht nur, dass dieses sich wohl sehr gerne in unterschiedlichster Frauengesellschaft befunden hat, sondern auch beruflich scheint es da eine Leiche im Keller zu geben.

Als mir der Kluftinger das erste Mal empfohlen wurde, hat man mich bereits vorgewarnt. Die ersten Teile bräuchten etwas Anlaufzeit, bis sie richtig in Fahrt kämen. Die jüngeren Teile wären es allerdings wert. Und ich muss sagen, dass die Story des ersten Teils irgendwie auch nicht der Brüller war. Sie war okay. Mehr aber leider auch nicht… Die Kriminalgeschichte weist nicht so recht etwas Besonderes auf, was ich sehr schade fand.

Kommissar Kluftinger stellt sich mit Milchgeld erstmals vor. Und dabei ist er so schwer zu beschreiben. Der Polizist aus dem Allgäu ist ein ruhiges Leben gewohnt, ohne große Aufregungen und außergewöhnliche Fälle. Montags gibt es traditionsgemäß leckere Kässpätzle im Hause Kluftinger und seine Frau zwingt ihn dazu, im örtlichen Blasorchester mitzuwirken. Klüpfel und Kobr haben sich schon einen ganz eigenen Charakter für ihren Protagonisten ausgedacht. Ich hoffe, dass ich Kluftinger in den nachfolgenden Teile noch besser kennenlerne.

Die Nebencharaktere waren mir alle durch die Bank weg irgendwie noch zu blass. Bei Kluftingers Frau hätte ich mir auch gewünscht, dass sie mehr ins Geschehen eingebunden wird, was ja nicht möglich war, da sie auf Mallora im Urlaub verweilte. Aber sie hat das größte Potenzial, dass ich sie ins Herz schließen könnte.
Was die Kollegen von Kluftinger angeht, so war ich etwas verwirrt. Sie sind doch zahlreich, allerdings gerade in Teil 1 noch sehr blass. Daher hatte ich auch erhebliche Schwierigkeiten, sie auseinander zu halten. Bis auf Mayer, der ständig mit einem Diktiergerät durch die Landschaft springt, hat keiner von ihnen irgendein außergewöhnliches Merkmal erhalten. Das macht es einem schon schwer….

Bei vielen Autoren-Duos merkt man ja schon während der ersten Seiten, dass da mehr als eine Person schreibt. Die Kapitel unterscheiden sich total voneinander und manchmal hat man das Gefühl, von einem Buch ins nächste geschmissen zu werden. Das war hier Gott sei Dank nicht der Fall. Kobr und Klüpfel scheinen sich ganz wunderbar miteinander zu ergänzen, denn der Erzählstrom ist flüssig.

Meiner Meinung nach ist gerade bei einem Provinzkrimi der Schreibstil das Wichtigste. Wenn die Story gut geschrieben ist, dann verzeihe ich auch kleine Schwächen im Kriminalfall. Doch hier war das Ganze noch recht platt. Ach wie schön ist das Allgäu. Ein Hoch auf die Kässpatzen und überhaupt liegt noch die Trommel hinten im Auto. Und das wird dann auch in schöner Regelmäßigkeit wiederholt, damit der Leser es auch ja nicht vergisst. Von Lokalkolorit keine Spur, leider…

Was das Ende der Geschichte angeht, kam es mir vor allem auf die Auflösung des Kriminalfalls an. Gut fand ich dabei, dass die Autoren ein recht aktuelles Thema aufgegriffen haben, um daraus eine Geschichte zu machen. Immer wieder in den letzten Jahren sind die steigenden Milchpreise und die sinkenden Auszahlungen für die Bauern Thema in unseren Zeitungen. So etwas finde ich immer sehr gelungen, wenn Autoren auch mit offenen Augen durch die Welt gehen. Den Täter hatte ich schon etwa ab Mitte des Buches vermutet, aber das war ok. Insgesamt ist das eigentlich auch das richtige Wort, um das ganze Ende zu beschreiben: ok!

Ich hoffe sehr, dass ich dem Gerücht, dass die folgenden Kluftinger-Bücher um Längen besser sind, glauben darf. Denn Milchgeld war ein bisschen schwach. Der Kommissar hat wirklich Potenzial, dass man ihn lieb haben kann. Allerdings sind eigentlich an allen Ecken und Enden auch noch Probleme, an denen es zu feilen gilt. Ich hoffe, dass der zweite Teil Erntedank besser wird. Andernfalls wird das mit Kluftinger und mir wohl eher nix.

 

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