Rezension

Nicht Links stärkstes Werk

Die Betrogene
von Charlotte Link

Bewertet mit 3 Sternen

"Die Betrogene" handelt von Kate Linville, die nach dem Tod ihres Vaters jeglichen Halt im Leben verliert. Sie igelt sich in ihrem Elternhaus ein und da sie dem ermittelnden Ermittler, der als Alkoholiker gilt, und seinen Ermittlungen nicht traut, recherchiert sie auf eigene Weise und entdeckt, dass ihr Vater nicht der war, den sie jahrelang angebetet hat. Zeitgleich bricht der kurz vor dem Burnout stehende Jonas Crane mit seiner Familie zu einem abgeschiedenen Ferienhaus in Nordengland auf. Sie ahnen nicht, dass die Ermittlungen rund um Kates Vater einen flüchtigen Verbrecher in ihre Idylle bringen wird und ihren Urlaub zur Hölle werden lässt.

Charlotte Link war für mich die Autorin, die ich in der Erwachsenenliteratur als erste als meine Lieblingsautorin bezeichnete. Sie hat mich zu meiner ersten eigenen Krimigeschichte inspiriert, weil ihr Stil, den Leser so lange wie möglich an der Nase herumzuführen einfach nur genial ist. Nun habe ich länger nichts mehr von ihr gelesen und nun nach langer Zeit nach ihrem neusten Werk "Die Betrogene" gegriffen. Nach Beendigung muss ich feststellen, dass es sich durchaus wieder "nach Hause kommen" anfühlte, denn der Stil ist unverkennbar. Nichtsdestotrotz schätze ich "Die Betrogene" als eher schwächers Buch ein.

Charlotte Links Stil ist wirklich schnell wiederzuerkennen. Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven vorangetrieben, man wird mit mehreren Figuren eins, auch mit denen, die nicht aalglatt, sondern auch einige Ecken und Kanten aufweisen. Ein knackiger Prolog, auch wenn er so nicht bezeichnet ist, bietet einen lustmachenden Auftakt und es gibt zwei große Handlungsbögen, die auf interessante Weise miteinander verwoben sind.

Dennoch fehlen einfach entscheidende Prozentpunkte, die ich normalerweise bei Link als Standard empfinde. Die Geschichte rund um die Familie Crane ist für mich noch am ehesten überzeugend. Diese findet jedoch überwiegend in der Mitte statt, so dass der Nervenkitzel dieser Geschichte schon früh verpufft. Die andere Sache ist die, dass die Geschichte rund um die Cranes wirklich eher ein totales Zufallsprodukt ist und dass hinter die Psyche des Verbrechers nur sehr oberflächlich geblickt wird.

Kate Linville habe ich als sehr interessante Protagonistin erlebt, die in der Gesellschaft eine Außenseiterin ist und nun endlich wieder ihre Stärken entdeckt. hre Ermittlungen sind meistens auf dem Punkt, aber das Ermittlertrio rund um Caleb, Robert und Jane bleibt eher blass. Jane wird zwar zwischenzeitlich aktiv und zeigt einen starken Spürsinn, gleichzeitig hat mich die Auflösung um sie aber sehr enttäuscht. Und insgesamt war die Geschichte rund um Kates Vater sehr banal. Sicherlich tragisch, aber gefühlt eher aus der Rubrik "aus der Mücke einen Elefanten gemacht". Der übliche Showdown am Ende wird natürlich dennoch geboten.

Fazit: Zwei Handlungsbögen, beide aber eher zufällig und banal. Starke Spannungsmomente und eine interessante Protagonistin werden durch langwieirige Erzählpassagen unterbrochen. Die Geschichte ist sicherlich auf hohem Niveau, aber ich habe "Die Betrogene" dennoch als eher schwache Leistung von Charlotte Link empfunden.