Rezension

Packender Thriller, jedoch nichts für Zartbesaitete

Tribunal - André Georgi

Tribunal
von André Georgi

Bewertet mit 4.5 Sternen

Jasna Brandic gehört zu den Topermittlern des Tribunals in Den Haag. Ihr Ziel ist es Kriegsverbrecher aufzuspüren, vor Gericht zu zerren und am Ende zu verurteilen. Auch diesmal soll es so laufen. Der Angeklagte ist der Massenmörder Kovac. Es gibt einen Kronzeugen, den Jasna ganz alleine aufgespürt hat und der nun gegen Kovac aussagen soll. Doch es ist oberste Vorsicht geboten, denn Kovac hat auch vom Gefängnis aus noch viele treue Anhänger. Als der Kronzeuge am Tag der Verhandlung zum Gerichtsgebäude gebracht wird, gibt es einen Angriff und alle Beteiligten bis auf Jasna werden getötet. Nun muss Jasna einen neuen Zeugen aufspüren, der Kovac zu Fall bringen soll.

Inhalt:

Der Inhalt des Buches hat mir insgesamt gut gefallen. Die Handlung ist extrem spannend. Es gibt rasante Verfolgungsjagden, die mich zeitweise den Atem anhalten ließen. Jasna befindet sich zudem mehr als einmal in Lebensgefahr. Die Spannung lebt jedoch davon, dass viele Szenen extrem brutal sind. Der Autor schildert diese Szenen jedoch ebenso detailliert, wie alles andere, was für den ein oder anderen vielleicht etwas zu viel ist. Ich habe an einigen Stellen auch schlucken müssen und wollte mir einige Dinge dann doch nicht bildlich vorstellen. Aber gerade auch von dieser Brutalität lebt das Buch. Es macht es um einiges spannender. Der politische und geschichtliche Hintergrund hat mir darüber hinaus sehr gut gefallen. Er wird sehr gut geschildert, sodass der Leser das Geschehen sehr gut verorten kann. Ich fand das Geschilderte zudem äußerst interessant. (Sofern es denn dann stimmt, aber da gehe ich von aus).

Schreibstil und Aufbau:

Der Schreibstil des Buches hat mir sehr gut gefallen. Zum einen ist das Buch, wie bereits erwähnt, sehr spannend geschrieben. Der Autor versteht es sehr gut das Erzählten mit einer gewissen Dynamik zu versehen. Wenn er Verfolgungsjagden schildert, hatte ich das Gefühl die Luft anhalten zu müssen, weil alles so schnell passiert. Ich hatte wirklich das Gefühl live dabei zu sein. Das hat das Buch wirklich zu etwas besonderem gemacht. Die teilweise doch sehr detaillierten Beschreibungen besonders grausamer Verbrechen hätten für mich ein wenig kürzer ausfallen können, aber scheinbar gehören sie einfach dazu. Was ich ebenfalls sehr gelungen finde, ist der Aufbau des Buches. Die Erzählperspektive springt immer wieder zwischen den handelnden Personen hin und her. So erfährt man parallel, was bei den einzelnen Figuren passiert. Dies baut noch mehr Spannung auf, da meist an den besonders spannenden Stellen ein Erzählerwechsel stattfindet.

Charaktere:

Die Charaktere des Buches haben mir ebenfalls sehr gut gefallen. Die Ermittlerin Jasna ist eine sehr starke Frau, die emotional sehr gefestigt ist. Natürlich kann auch sie aus der Bahn geraten, doch was sie alles erlebt, hätte ein normaler Mensch nicht so einfach wegstecken können. Aber auch die Kriegsverbrecher haben mir von ihrer Persönlichkeit her gut gefallen. Sie sind alle extrem unterschiedlich von arrogant und hochmütig, über folgsam bis zu nachdenklich. Es gibt in diesem Buch sogar Kriegsverbrecher mit Gefühlen und einem einigermaßen ausgeprägten Gewissen, aber mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Dies hat mir jedoch besonders gut gefallen. Auch die Vielfalt der Persönlichkeiten finde ich sehr gelungen.

Cover und Klappentext:

Das Cover des Buches finde ich sehr interessant. Der rote Schriftzug auf dem weißen Gefieder ist sehr auffällig. Das Gefieder finde ich jedoch noch auffälliger, da hier offensichtlich der Kopf fehlt. Ich nehme doch mal stark an, dass es sich um einen Vogel handelt, doch wo ist der Kopf? Ich finde dieses Bild so verstörend, dass es schon wieder genial ist. Es erregt auf jeden Fall viel Aufmerksamkeit und das soll es ja auch. Deshalb finde ich es extrem gelungen.

Den Klappentext hingegen finde ich nicht ganz so gelungen. Ich finde er verrät bereits zu viel über die Handlung des Buches. Ich finde es nicht gut, wenn der Klappentext bereits ca. einen Drittel des Buches verrät. Eine etwas kürzere Beschreibung der Geschehnisse im Sommerhaus hätte hier sicherlich auch gereicht und hätte nicht so viel verraten.

Fazit:

Insgesamt hat mir das Buch jedoch wirklich gut gefallen. Der Autor versteht sein Handwerk sehr gut und schafft es eine unheimliche Spannung zu erzeugen, wie ich es bisher selten erlebt habe. Dies kombiniert mit der Vielfalt der Persönlichkeiten der Kriegsverbrecher und dem geschichtlichen Hintergrund macht dieses Buch für mich zu etwas wirklich besonderem. Ich kann dieses Buch wirklich sehr empfehlen, jedoch nur, wenn man nicht allzu zartbesaitet ist, denn manche Stellen des Buches sind wirklich brutal und grausam.