Rezension

Spannender Umweltthriller

Dürre -

Dürre
von Uwe Laub

Bewertet mit 4 Sternen

REZENSION – Nicht zuletzt durch seinen vorigen Roman „Leben“ (2020) hat sich der deutsche Schriftsteller Uwe Laub (50) als Autor spannender Umwelt- und Wissenschaftsthriller hervorgetan, was er mit seinem neuen, im September im Heyne Verlag veröffentlichten Thriller „Dürre“ erneut bestätigt. Sein neuer Roman spielt in nicht allzu ferner Zukunft in Deutschland. Bei immer stärker fortschreitendem Klimawandel und über Jahre andauernder Dürre haben Ernteausfälle zugenommen und in ganz Europa für Hungersnot gesorgt. Alle größeren landwirtschaftlichen Betriebe wurden bereits verstaatlicht, den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union werden abhängig von der Höhe ihrer CO²-Emission die Lebensmittel zugeteilt, Einwohner müssen sich ihre Zuteilung auf dem Markt abholen. Um die EU-Bürger zum Umweltschutz zu zwingen und Missbrauch kontrollieren zu können, hat die EU eine von den Informatikstudenten Alex Baumgart und Tom Valcke entwickelte App namens Aequitas zur Messung individueller CO²-Fußabdrücke zwangsweise eingesetzt. Jedem Menschen steht – vergleichbar dem heute schon bekannten Emissionshandel bei Unternehmen – auf seinem Aequitas-Konto ein gewisses Maß an CO²-Credits zu, die bei jeder Fahrt, bei jedem Einkauf, bei jeder emissionsgebundenen Handlung automatisch an den Zentralrechner im Valcke-Tower gemeldet und von seinem Konto abgebucht werden. Spart der EU-Bürger CO²-Emission, darf er überschüssige Credits verkaufen. Verbraucht er übermäßig viel, wird er bestraft. Doch dieses nur in der Theorie gerecht erscheinende System bringt durch allzu knappe Credit-Zuteilung die meisten Bürger in Armut und Hunger, was in Folge zu Betrug und Diebstahl verführt. Die von der EU gegründete Kontrollgesellschaft ACON hat als eine Art Geheimpolizei über die Aequitas-App absoluten Zugriff auf alle persönlichen Daten eines jeden Bürgers und verfolgt Fehlverhalten. Eines Tages steht Oberinspektorin Dane Kilian vor den Geschwistern Julian und Leni Thaler, die den kleinen Hof ihres abwesenden Vaters allein bewirtschaften, und beschuldigt sie des CO²-Betrugs.
Wieder verbindet Autor Uwe Laub auch in „Dürre“ wissenschaftliche Fakten – diesmal zum Klimawandel – mit Fiktion und Vision in einem locker geschriebenen Roman. So macht er es seinen Lesern leicht, sich auf unterhaltsame Weise auch als Laie diesem ernsten Thema zu nähern. Laub gehört nicht zu jenen Autoren, die als „Publikumsbeschimpfer“ ihre Leser für allzu sorgloses Verhalten mit schlechtem Gewissen strafen. Er droht vielmehr mit einer beängstigenden Dystopie, die wir alle nicht Wirklichkeit werden lassen wollen.
Bei etwas kritischerer Betrachtung ist festzustellen, dass sich der erste Teil des Romans von seinem zweiten im Niveau unterscheidet: Ist es anfangs eine durchaus fundierte, anhand von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Schlussfolgerungen – mit einem zehnseitigen Nachwort faktisch unterlegt – logisch aufgebaute Szenerie, die als Vision ernst genommen werden kann, flacht der Roman später zum reinen Actionroman ab, der mit Mord und Totschlag endet. Manches Handeln der Protagonisten, wenn auch der Dramaturgie geschuldet, erscheint dann unlogisch. Statt des romantischen Schlusskapitels wäre ein offenes Ende mit Blick in eine ungewisse Zukunft wirkungsvoller und dem ernsten Thema gerechter gewesen. Doch alles in allem ist „Dürre“ ein packender Umweltthriller, den man nur ungern aus der Hand legt. Nach der Lektüre bleibt es unsere Entscheidung, unsere Lebensweise zu überdenken und notfalls Konsequenzen zu ziehen.