Rezension

Wahrlich voller Horror

Der Horror der frühen Medizin - Lindsey Fitzharris

Der Horror der frühen Medizin
von Lindsey Fitzharris

Beschreibung:
Als Joseph Lister 1844 sein Studium in London beginnt, ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung desaströs: Die Krankenhäuser sind überfüllt und verseucht. Um aufgenommen zu werden, müssen Patienten genug Geld für die eigene Beerdigung mitbringen. In den Operationssälen arbeiten Chirurgen in Straßenklamotten vor schaulustigem Publikum. Warum fast alle Patienten sterben, wie sich Krankheiten ausbreiten, darüber herrscht nicht die geringste Einigkeit, nur hanebüchene Theorien. Joseph Lister wird dann Chirurg, er will ganz praktisch helfen. Und von Neugier und hellem Verstand geleitet, entwickelt er eine Methode, die das Sterben vielleicht beenden kann …

Die Autorin:
Lindsey Fitzharris promovierte in Oxford in Medizingeschichte. Ihre YouTube-Serie Under the Knife über Wissenswertes und Gruseliges aus der Welt der Chirurgie verhalf Fitzharris zu größerer Bekanntheit. Sie schreibt regelmäßig für The Guardian, The Huffington Post, The Lancet und New Scientist.

Meine Meinung:
Nach dem Lesen dieses Buches wird einem wieder einmal unwiderruflich bewusst, wie froh man sein kann, in der heutigen Zeit zu leben.
Im frühen 19. Jahrhundert war es kein Zuckerschlecken, einem Chirurgen ausgeliefert zu sein. Da wurde ohne Narkose operiert (bevor die Möglichkeit des Äthers entdeckt wurde), Instrumente erfuhren nie eine Reinigung und wenn man Glück hatte, überlebte man sogar den Eingriff, falls man nicht danach an einer Infektion oder an etwas ähnlich Schauderhaftem starb.
Die Zustände waren katastrophal und man kann und will sich überhaupt nicht vorstellen, wie es damals zuging.

Hier wird die Geschichte von Joseph Lister erzählt, der sich einen Namen mit der Antiseptischen Chirurgie machte. Der Einsatz von Karbolsäure rettete viele Leben und senkte die Sterblichkeitsrate immens. Natürlich musste er sich auch gegen Anfeindungen durchsetzen, seine erfolgreiche Arbeit sprach indes für sich.
Ich muss zugeben, dass mir Lister bis dato leider nicht bekannt war, umso interessanter las sich sein Lebensweg und die Erforschung der Medizin.
Auch Louis Pasteur, Mitbegründer der medizinischen Mikrobiologie, findet Gehör.

Die Autorin breitet den Schrecken, aber auch den Wandel der damaligen Medizin vor dem Leser aus, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Man leider mit den Opfern mit und denkt mit Schrecken daran, was zu jener Zeit die Kranken und Gebeutelten durchmachen mussten, bis es diesen oder jenen Durchbruch gab.

Wer sich nicht vor allzu detaillierten Beschreibungen fürchtet, sollte in das Werk eintauchen, das den langsamen, aber durchaus verändernden Weg der Medizin und der Operationen beschreibt.

Das Buch hat eher Sachbuchcharakter, ist dafür wahnsinnig anschaulich in der Schreibweise gehalten.

Mit einigen Schockmomenten, viel Spannung und einer gewissen Faszination.

4 Sterne.