Rezension

Wieder ein absolutes Highlight

Scythe - Der Zorn der Gerechten - Neal Shusterman

Scythe - Der Zorn der Gerechten
von Neal Shusterman

Bewertet mit 5 Sternen

Achtung: da es sich hier um den zweiten Band einer Reihe handelt, gibt es inhaltliche Spoiler zu Band 1.

Citra hat es geschafft und ist nun eine Junior Scythe. Sie lebt unter dem Namen Scythe Anastasia bei Scythe Marie Curie und sie hat es geschafft, in der kurzen Zeit als Scythe ihren eigenen Weg der Nachlese zu finden. Dabei gilt sie auf der einen Seite schon jetzt als etwas besonderes, auf der anderen Seite ist sie einigen ein Dorn im Auge. Währenddessen ist Rowan ebenfalls als Scythe unterwegs, allerdings nicht im ehrenwerten Auftrag des Scythetums, sondern als sein eigener Richter. Er übt die Nachlese an Scythe aus, die seiner Meinung nach ihr Amt missbrauchen. Damit ist er einer der gesuchtesten Menschen und ständig auf der Flucht. Weiterhin ist es dem Thunderhead, die riesige, künstliche Intelligenz, die auf alle Menschen achtet, verboten, mit den Scythe Kontakt aufzunehmen. Aus diesem Grunde entsendet er den jungen Greyson aus, um diese zu warnen, denn er weiß, dass ein Anschlag auf Citra und Marie geplant ist.

Meine Meinung

Ach, was war ich gespannt auf die Fortsetzung dieser Reihe, denn bereits Band 1 war eins meiner Jahreshighlights 2017. Ein wenig war ich über die kurzfristige Änderung des Covers überrascht, aber beim Betrachten kann ich nur sagen, es ist wieder einmal extrem gut gelungen und passt perfekt zu seinem Vorgänger. Auch der Inhalt kann sich sehen lassen und steht Band 1 in Nichts nach. Der Einstieg in den neuen Band gelang in kürzester Zeit und auch dieses Mal ist es Neal Shusterman ausgezeichnet gelungen, mich an seine geschriebenen Seiten zu fesseln. Sein Schreibstil ist flüssig, modern und besonders und man spürt beim Lesen kaum, wie schnell die Seiten vorbeirauschen. Auch für die angegebene Zielgruppe ist es eine spannende Lektüre und auch wenn das Nachlesen nicht immer angenehm ist, so bleibt Shusterman mit den blutigen Details noch in einem Rahmen, der vertretbar bleibt.
Eines kommt hier auf keinen Fall zu kurz und das ist die Spannung. Vom ersten Moment an wird man von den beschriebenen Szenen gefangen genommen und erhält genügend Details, um sich das Geschehen vorzustellen. Allerdings bekommen wir hier auch einen noch deutlicheren Einblick in das Machtverhältnis und auch an den Gedanken der KI, den Thunderhead dürfen wir teilhaben. Gerade diese Einblicke in diese Gedanken ließen mich immer wieder innehalten und darüber nachdenken, was es denn wirklich mit diesem Thunderhead auf sich hat und ich gebe zu, dass ich immer noch nicht richtig weiß, was ich von diesem künstlichen Überhirn halten soll.
Wie auch schon im ersten Band wechselt Shusterman hier immer wieder die Perspektiven. So erleben wir Citra in ihrer Rolle als Scythe Anastasia, begleiten Rowan auf seinem Rachefeldzug, hören die Gedanken des Thunderhead und erleben auch noch einige weitere Personen und Gruppen bei ihren Handlungen. Bei einigen, z. B. den Tonisten, die hier eine deutlich größere Rolle spielen als noch zuvor. Diese schnellen Wechsel in der Perspektive bleiben trotzdem überschaubar und Shusterman behält in allen bereichen seine Fäden in der Hand. Immer wieder konnte er mich überraschen, wenn wieder etwas passierte, mit dem ich so gar nicht gerechnet habe.
Besonders gut gefallen hat mir hier die Entwicklung der einzelnen Charaktere. Vor allem Citra ist eine unglaublich starke Persönlichkeit geworden, die mich absolut überzeugen konnte in ihrer neuen Rolle als Scythe. Sie ist mutig und sehr clever, sie hat aber auch genügend Einfühlungsvermögen, um mit den Menschen umzugehen. Gerade ihr Leben mit Scythe Curie passt hier sehr gut, denn auch Scythe Curie ist eine ganz besondere Persönlichkeit. Die Beiden gemeinsam zu erleben, war unheimlich gelungen. Rowan ist hier in einer ganz anderen Rolle tätig und am Anfang war er mir nicht ganz so sympathisch, auch wenn ich seine Entscheidungen durchaus nachvollziehen konnte. Seine Beziehung zu Citra bleibt hier deutlich zurück, tatsächlich treffen die Beiden nur zweimal aufeinander, aber diese beiden Male sind äußerst wichtig für die Handlung und auch für die Fortsetzung.
Neben Citra und Rowan treffen wir hier auf einige bereits bekannte Charaktere aus Band 1, aber es gibt auch einen neuen, sehr interessanten Charakter. Greyson Tolliver, der von sich selbst behauptet, dass der Thunderhead ihn unter seine Fittiche genommen habe, weil seine eigene Familie gar keine Lust mehr auf ihn hatte. Greyson ist ebenfalls sehr wichtig für die gesamte Handlung und auch bei ihm glaube ich, dass da noch etwas geschehen wird. Alle Charaktere allerdings haben eines gemeinsam, sie sind durchdacht und absolut facettenreich und jeder mit dem passenden Tiefgang.

Mein Fazit

Selten war ich so gespannt auf eine Fortsetzung wie bei Scythe und Neal Shusterman hat es wieder geschafft, mich absolut großartig zu unterhalten. Seine Charaktere sind überzeugend und facettenreich, die Handlung der Geschichte spannend, Adrenalin steigernd und immer wieder überraschend und tatsächlich gibt er auch immer wieder, vor allem durch Gedankengänge des Thunderhead, Denkanstöße. Ein durchdachter Weltenaufbau, der mich teilweise Gänsehaut bekommen lässt, denn trotz aller positiven Wandlungen für die Menschen hat diese Welt auch etwas kaltes und sinnloses. Neal Shusterman hat hier eine unglaublich tolle Geschichte geschrieben, die ich sehr gerne weiterempfehle. Wer Band 1 mochte, wird Band 2 lieben!