Rezension

Willkommen im Plastikzeitalter

Partikel -

Partikel
von Wolf Harlander

Bewertet mit 5 Sternen

Auf einer schicken Hochzeitsfeier auf der Insel Sylt kippen mehrere Gäste einfach um, alle werden als Notfall ins Krankenhaus gebracht, einer verstirbt noch am selben Tag. Die Nicht der Reporterin Melissa Frey, gerade einmal zwei Jahre alt, kommt mit heftigen Bauchschmerzen ins Krankenhaus, die Diagnose Leberkrebs im Endstadium, eigentlich bei einer Zweijährigen kaum möglich. Vater Tobias und Melissa verzweifeln. Doch dann stösst Melissa bei der Recherche was auf Sylt geschah, auf nahezu unglaubliche Geschichte. Schuld an der Krankheit sind Plastikmikropartikel, die sich nahezu bei jedem von uns im Blutkreislauf befinden. Kann das auch die Ursache der Krankheit ihrer Nichte sein?
Was für ein gelungener Einstieg in diesen spannungsgeladenen Thriller. Gleich von der ersten Seite an schafft es Autor Wolf Harlander mit seiner erschreckenden Geschichte den Leser in seinen Bann zu schlagen. Ich habe das Buch einfach nicht mehr zur Seite legen können, denn es ist absolut fesselnd und mitreißend geschrieben und vor allem macht es ungaublich nachdenklich.
Dieser Thriller wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Doch schnell merkt man, das alles hängt komplett zusammen. Harlander hat hier ganz geschickt viele offene Fäden miteinander verbunden. Die Spannung hält sich durch das gesamte Buch, das mit 600 Seiten auch nicht kurz ist, aufrecht, mit ruhigeren, aber auch mit temporeichen Momenten wird man nur so durch die Seiten getrieben.
Das Thema ist brandaktuell, denn wie oft begegnet man Bildern, an denen ganze Strandabschnitte voll angespültem Müll zu sehen sind? Wie oft sehen wir selber beim Gang durch die Natur, wo überall Müll hinterlassen wird. Die Gefahr, die von all dem Plastik auch auf uns Menschen übergeht, wird dadurch null beachtet und wieder einmal kann man nur denken: wir Menschen schaffen uns einfach selber ab. Das all das ein Kreislauf ist, wissen wohl nur die wenigsten und vielleicht sollte man genau diesen, das Buch einmal unter die Nase halten. Aber gut, das wird wohl auch nichts ändern.
Was so alles von diesen kleinen Mikropartikeln verursacht werden kann, klingt hier erschütternd, doch tatsächlich ist da vieles wahr dran, denn all die kleinen Partikel, in die sich Plastik zersetzt, aber nicht auflöst, können durch Poren dringen und so in unser Blut gelangen. Was Mikroplastik letzten Endes alles an Krankheiten bringen kann, werden wir wohl noch erfahren, befürchte ich. Wolf Harlander hat all das auf jeden Fall sehr erschreckend dargestellt und rüttelt einfach mal unsanft wach.
Gelungen fand ich hier die vielen Perspektiven, mal begleiten wir Ermittler, mal Verbrecher, mal eine Reporterin und mal einen Familienvater, wobei mich die Geschichte der kleinen Zoe am meisten betroffen gemacht hat. Wer selber Kinder hat und diese vielleicht durch schwere Zeiten begleiten musste, wird hier mehrfach schlucken müssen, zumindest ging es mir so.
Ich sah auf jeden Fall das gesamte Geschehen hier direkt vor Augen, denn der Autor erschafft lebendige Bilder, die nichts schön reden oder verharmlosen.
Mein Fazit: Wolf Harlander widmet sich in seinen Büchern oft brandheißen, aktuellen Themen, die wirklich erschüttern und auch wach rütteln. Wie viele dieser Situationen hat man selbst schon einmal erlebt? Wie oft macht man sich wirklich Gedanken darüber, wie schädlich welche Produkte für uns wirklich sind? Letzten Endes, wenn man sich umschaut im eigenen Haushalt, wieviel Plastik findet ihr? Ich eine ganze Menge. Danke, Herr Harlander, dieses Buch lässt mich nachdenklich zurück und ich hoffe, dass es viele aufrappeln wird, manches Konsumverhalten zu überdenken.