Zeitgenössische italienische Literatur
Bewertet mit 4.5 Sternen
Orientalisch blumig, ja wie ein orientalisches Märchen kommt die kurze Erzählung „Die Kinder des Borgo Vecchio“ daher. Der Borgo ist das Armenviertel Palermos, dem Geburtsort des Autors.
Was dort geschieht, geschieht in vielen Armenvierteln, es herrscht das Recht des Stärkeren und das Gesetz der Straße hebelt das Gesetz des Rechts und des Staates aus. Die Polizei richtet selbst mit einem Großaufgebot nichts aus, weil trotz aller Quälerei untereinander die oberste Regel gilt: Wir gegen sie.
Das Gesetz der Ethik und der Moral scheint in Form der katholischen Kirche, die alle eifrig besuchen, auf, verblasst aber sofort wieder.
Und so nimmt das Geschehen im Viertel seinen Lauf. An der Tagesordnung sind Kindesmisshandlung, Prostitution, Tierquälerei, Betrug und Lug, Mord und Totschlag. Wer hier geboren wird, hat schon verloren. Die Kinder bezahlen den Preis, den die Erwachsenen dem Leben, dem Staat, dem Recht verweigern.
Der Autor, der mit „Die Kinder des Borgo Vecchio“, einen bedeutenden italienischen Literaturpreis gewann (Premio Volponi, 2017), nimmt sich die Freiheit, ganz auf orientalische Weise seine Geschichte auszuschmücken, da erzählen Pistolenkugeln, wie sie ihren Weg finden, da erzählt ein Messer, was es für eine Funkion hat.
Der Gegensatz von der Erzählweise zu dem Erzählten könnte nicht größer sein. Das ist Kunst. Ob man diesen Erzählweise mag, ist reine Geschmackssache.
Fazit: Ein Märchen für Erwachsene, bei dem einem speiübel wird.
Höchste Zeit, dass wir bedeutende italienische Literatur übersetzt bekommen haben.
Die Übersetzung ist nach meinem Dafürhalten hervorragend gelungen.
Kategorie: Anspruchsvoller Roman
Aufbauverlag, 2019