Rezension

Zum Greifen nah

Davor und Danach - Nicky Singer

Davor und Danach
von Nicky Singer

Bewertet mit 5 Sternen

In der nahen Zukunft gibt es nur noch im Norden der Erde ausreichend Wasser. Mhairi, eine vierzehnjährige Schottin, hat die letzten Jahre im Sudan verbracht, bis ...
... bis die Grenzen dichtgemacht wurden. Überall.
Und ihre Eltern ermordet wurden.
Und sie sich allein nach Schottland durchschlagen musste.
Als sie England erreicht, hat sie nur noch die Sachen, die sie am Leib trägt, eine Wasserflasche mit Verschraubschluss, Papiere, die kaum das Papier wert sind und einen Revolver ohne Patronen.
Hier begegnet sie einem kleinen, schwarzen Jungen. Einer, der allein keine Chance aufs Überleben hat und Mhairi weiß, dass sie ihn nicht mitnehmen kann, weil er illegal ist. Und auf das Einschmuggeln von Illegalen steht in manchen Gegenden der Tod.

Diese lakonische Sprache, dieser ewige Strom an Gedanken, die Mhairi durch den Kopf gehen, eigentlich hätte das langweilig und nervig sein müssen. War es aber nicht. In einer sachlichen, teilweise fast nüchternen Beschreibung, immer wieder unterbrochen durch Erinnerungen, die Mhairi nicht zulässt und hinter einer dicken FESTUNG versteckt, erzählt uns die Autorin von einer Welt, in der es normal ist, ab dem 74. Lebensjahr eine Todesspritze zu nehmen, um Ressourcen zu sparen. In der Strafen in Lebenszeit berechnet werden, in welcher sich die noch über Wasser und Nahrung verfügenden Länder abschotten. Das Beängstigende an der ganzen Sache ist nicht die Geschichte an sich; man weiß, dass es kein gutes Ende nehmen wird und kann, aber das ist kein Problem. Das Problem ist, dass es viel zu nah an dem ist, was wir schon heute jeden Tag sehen. Und genau wie bei dieser Geschichte sehen wir zu in dem Bewusstsein, dass es kein gutes Ende nehmen kann und wird.