Rezension

Beeindruckender historischer Roman

Blut und Seide - Marita Spang

Blut und Seide
von Marita Spang

Bewertet mit 5 Sternen

„...Wir stellten uns Schlachten als Felder der Ehre vor. In Wahrheit war jede Schlacht, die ich mitgemacht habe, ein furchtbares Gemetzel...“

 

Wir schreiben das Jahr 1259. Graf Johann von Sponheim steht vor der Leichen seines Freundes Graf Raimund von Montfort, seiner Frau und aller Begleiter. Meuchelmörder haben die Familie fast ausgelöscht. Überlebt hat nur Simon, der kleine Sohn des Paares, den seine Mutter in einer Kiste in der Kutsche versteckt hat. Graf Johann nimmt den Jungen mit auf seine Burg. Der Graf hofft, dass ihn die Kette mit dem heidnischen Anhänger, die er am Tatort fand, zu den Mördern führt.

Die Autorin hat einen fesselnden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Das Buch lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen.

Ein Grund dafür sind die ausgezeichnet charakterisierten Protagonisten. Graf Johann von Sponheim ist ein gerechter Herrscher, der auch neue Wege geht. Das sorgt für blühende Dörfer und Städte in seinem Wirkungsbereich. Liebevoll kümmert er sich um Simon. Er vermittelt ihm die Tugenden des Rittertums. Das ganze Gegenteil ist Heinrich, sein jüngere Bruder. Weil er ein Nachzügler ist, sieht seine Mutter über seine Fehler hinweg. Aber Heinrich lässt schon als Kind erkennen, dass er psychopathische Züge hat. Sein bevorzugtes Opfer ist Simon, den er für einen Weichling hält. Strafen und Ermahnungen führen nicht zur Einsicht, nur zu neuen Hassgefühlen.

Christina, die weibliche Protagonistin, ist das einzige Kind von Graf Eberhard von Katzenelnbogen. Deshalb legt ihr Vater Wert auf einen Schwiegersohn, der Land und Gut zusammenhalten kann und eine große Hausmacht hinter sich weiß. Als Kinder werden Heinrich und Christina einander versprochen. Die junge Frau aber kann mit den typisch weiblichen Beschäftigungen nichts anfangen. Als Simon zur Ausbildung auf die Burg von Graf Eberhard kommt, bittet Christina ihn, sie im Waffenhandwerk auszubilden.

Der Schriftstil des Buches ist angenehm lesbar. Immer wieder ist spürbar, dass hinter der Geschichte eine ausführliche und exakte Recherche steckt. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung von Simon und Christina. Heinrichs Intrigen und Gewalttätigkeiten sorgen für stets neue Spannungen und unerwartete Entwicklungen. Das aber ist gekonnt in den historischen Kontext eingebettet. Die Kriege Rudolphs I. von Habsburg und die Fehde der Rheingrafen mit dem Erzbischof von Mainz spielen dabei eine entscheidende Rolle. Simon glaubt an die Tugenden eines Ritters. Schön wird herausgearbeitet, wie das Leben ihn lehrt, dass die nur ein Traum sind. Das edle Rittertum gab es nie. Es geht allein um Macht und Besitz. Das Verhalten des Königs gegenüber seinem Gegner lässt Simon aufwachen. Die Autorin versteht es, durch ihren Erzählstil dafür zu sorgen, dass ich mit den Protagonisten hoffe und leide und das Auf und Ab ihres Lebensweges mit Spannung verfolge. Der Engel an Simons Seite, selbst in seinen bittersten Stunden ist der Metzgersohn Michel, der ihm dient. Auch wenn er äußerlich alles andere als ein Engel ist, versteht er es, Simon wieder auf den rechten Weg zu bringen. Höhepunkte in der sprachlichen Gestaltung sind einige der Dialoge. Obiges Zitat sagt Simon zu Christina vor der Schlacht. Die Regeln des höfischen Lebens sowie Kleidung und Essen werden so genau beschrieben, dass ich sofort ein Bild im Kopf hatte. Positiv fand ich, dass über die Grausamkeiten der Schlachten eher verhalten berichtet wurde und blutige Details nur selten eine Rolle spielten. Es gibt viele Dinge, die noch erwähnenswert wären, doch alles anzuführen, würde diese Rezension sprengen.

Eine Karte und ein ausführliches Personenregister zu Beginn, ein Verzeichnis der Quellen, ein Glossar am Ende und ein Nachwort, das Fiktion und Wahrheit trennt, ergänzen das Buch.

Das Cover in Dunkelblau mit der Silhouette der Stadt und der jungen Frau passt zum Geschehen.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Spannende Handlung, sympathische Protagonisten mit Ecken und Kanten, historische Detailtreue machten das Lesen zum Vergnügen. Die Autorin hat gründlich mit der edlen Ritterehre aufgeräumt und gezeigt, dass immer der kleine Mann das Opfer von Machtkampf und Intrige war.

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 29. Dezember 2015 um 21:13

Eine ganz tolle Autorin - vielen Dank für Deine Rezi (hab bisher nur Positives vernommen) - werde ich definitiv auch noch lesen!