Rezension

Berührende Geschichte

Fliegende Hunde - Wlada Kolosowa

Fliegende Hunde
von Wlada Kolosowa

Bewertet mit 3 Sternen

Im Roman „Fliegende Hunde“ von Wlada Kolosowa geht es um die Freundinnen Oksana und Lena, die schon ihr ganzes Leben lang beste Freundinnen sind. Sie wohnen seit 16 Jahren Tür an Tür in einem Vorort in Sankt Petersburg. Die Gegend ist eher heruntergekommen und lässt nicht viel Platz für eine hoffnungsvolle Zukunft. Lena beschließt deshalb aus ihrem tristen und einfachen Leben herauszubrechen und das Angebot einer Chinesischen Modelagentur anzunehmen, für drei Monate nach Shanghai  zu kommen. Dort erwartet sie nicht wie erhofft, ein glamouröses Modelleben, sondern ein dreckiges Modelapartment, in dem sie sich ein Zimmer mit zwei weiteren Models teilen muss und jeden Tag instant Nudeln isst. Ihr Agent kümmert sich auf eine ganz besondere Weise um Lena und auch der Fotograf, der ihr schöne Augen macht, hat nicht nur professionelle Absichten.

Währenddessen vermisst Oksana ihre beste Freundin zu Hause. Auch sie sehnt sich nach Lena und dem kleinen Geheimnis, welches sie nur miteinander teilen. Dass ein Junger aus  der Nachbarschaft sich für Oksana interessiert und dabei viel weniger draufgängerisch ist als man eigentlich von ihm erwarten würde, ist Oksana fast egal. Sie versucht krampfhaft ihren Körper, den sie viel zu dick findet, auf ein ansehnliches Modelmaß zu trimmen. Dabei entdeckt sie im Internet ein Forum, dass mit der Geschichte der Stadt argumentiert und die Zeit während der Blockade, bei der unzählige Menschen verhungerten, beschönigt indem die Forumsmitglieder die Blockade-Diät anpreisen. Oksana gerät in die Fänge der Forumsgemeinde und in einen Strudel aus Trauer und Sehnsucht.

Das Buch ist sehr fesselnd. Mich interessieren vor allem die fremden Schauplätze der Gegenwart und auch die schrecklichen und sogleich faszinierenden Rückblicke in die Zeit der Blockade. Man fühlt als Leser vor allem mit Oksana mit. Ihr Teil der Geschichte ist emotional und empathisch beschrieben.

Lena finde ich eher kühl, obwohl auch ihr Teil der Geschichte sehr interessant ist.  Vielleicht liegt es daran, dass sie gerade schon etwas erwachsener und abgestumpfter ist Oksana, dass der Leser sich nicht so leicht mit ihr identifizieren kann.

Die Zielgruppe des Buches sind meiner Meinung nach eher Teenager, aber auch Erwachsene wie ich können sich an der Geschichte begeistern. Der Schreibstil gefällt mir gut, er ist fesselnd aber nicht anspruchsvoll. Daher habe ich das Buch in wenigen Tagen durchgelesen.

Das Ende kommt leider viel zu plötzlich. Ich hätte mir gerne noch 100 Seiten mehr gewünscht. Und vor allem kein offenes Ende.