Rezension

Ein Blick in die menschlichen Abgründe

Die stille Frau - A. S. A. Harrison

Die stille Frau
von A. S. A. Harrison

Inhalt

Jodi und Todd sind schon seit 20 Jahren ein Paar. Er betrügt sie zwar immer wieder, aber sie sieht gnädig darüber hinweg, da ihr die Beziehung wichtiger, als seine Eskapaden ist. Doch dann verliebt sich Todd in Natasha, die Tochter seines besten Freundes und nichts ist mehr, wie es vorher war. Natasha wird schwanger, sodass er Jodi verlässt und nicht nur das, sondern nimmt er ihr auch alles, was ihr Lieb und Teuer ist. Doch auch Jodi hat ihre Grenzen, die man besser nicht überschreiten sollte …

Meine Meinung

"Die stille Frau" ist das Psychogram einer Beziehung, die ich gelinde gesagt ungewöhnlich finde. Jodi und Todd sind zwar schon lange zusammen, aber leben mehr oder weniger nebeneinander her. Er hat immer wieder Affären, die sie stillschweigend zur Kenntnis nimmt. Emotionen werden unterdrückt – es gilt immer und zu jeder Zeit Contenace zu bewahren. Jodi ist für mich die Meisterin der Verdrängung, die in Todd leider einen Mann an ihrer Seite hat, der völlig egoistisch durchs Leben geht und primär mit seinem Wohlbefinden beschäftigt ist. Und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Autorin so emotionslos wie die Protagonisten ihre Gefühle einsetzen, sie auch die Kapitel-Überschriften gewählt hat, die nur mit SIE und ER betitelt sind.

Die Handlung selber bezieht ihre Spannung durch einen Satz, der bereits auf Seite 2 zu finden ist: "Denn es wird nur noch wenige Monate dauern, bis sie zur Mörderin wird". Wäre dieser Satz nicht, dann würde man nur einen Roman über eine Beziehung lesen, die problembehaftet ist, aber durch ihn wird so viel mehr daraus. Denn man ist die ganze Zeit auf der Suche nach dem Grund für die Tat. Was treibt eine Frau dazu einen Mord zu begehen, wo sie doch alle Seitensprünge toleriert? Was bringt sie dazu, dass sie all ihre Prinzipien über Bord wirft und dieses eine Mal nicht in der Lage ist Ruhe zu bewahren und gefasst mit der Situation umzugehen? Und wird sie überhaupt zur Mörderin, weil Todd sie betrügt oder gibt es einen anderen Grund dafür? Ist es auch möglich, dass sie nicht Todd, sondern eine andere Person auf dem Gewissen hat? All diese Fragen habe ich mir während des Lesens gestellt und konnte das Buch dann irgendwann nicht mehr aus der Hand legen, weil ich unbedingt Antworten haben musste.

Das Ende ist grandios. Wie Jodi auch hier wieder alles so dreht, dass sie ihren Prinzipien treu bleibt, ist ein genialer Schachzug der Autorin und hat mich mit einem "ja, so ist sie die Jodi" und einem Schmunzeln hinterlassen.

Fazit

"Die stille Frau" hat eine absolute Leseempfehlung verdient, die ich von ganzem Herzen aussprechen möchte. Unbedingt Lesen!