Rezension

Fehlende Tiefe

Lieber Mr. Salinger - Joanna Rakoff

Lieber Mr. Salinger
von Joanna Rakoff

Am Ende dieses Buches war ich irgendwie frustriert, weil ich soooo viele unbeantwortete Fragen im Kopf hatte und irgendwie fehlte auch so etwas. Das Buch wirkte ein bisschen gekünstelt und die Protagonistin sehr naiv mit 24 und einem Auslandsjahr hinter sich.

Im Buch wird viel von ihrer Umgebung preisgegeben, viel zu intime Details ihrer Chefin mit denen man dann doch nichts anfangen kann. Alle Fehler, die ihr momentaner Freund hat, aber kein einziges Mal wieso sie mit ihm zusammen ist oder bleibt. Es gibt ziemlich viele lose Enden, die für mich geschlossen gehörten oder einfach weggelassen.
Ich fühlte mich immer wieder angestachelt, aber dann verlor man vollkommen alle diese Fäden. Manche Sachen schienen auch einfach nicht realistisch, machten einen sauer oder traurig und waren einem im Endeffekt dann doch wieder egal, denn man bekam sicherlich keine Antwort.
 

Ausführlicher und auch unterhaltsame, sogar zeitweise spannende Ausblicke bekommt man in ihr Leben in der Agentur.  Sie hat dort einen eher schlecht bezahlten Job als Assisstentin einer Lektorin. Die ganze Szene erinnert zu Beginn an “Der Teufel trägt Prada”. Ende der 90er wird sich in diesem Büro sichtlich noch gegen den technischen Fortschritt geweigert. Sehr unterhaltsam werden die Umstellungen auf Kopierer und Computer beschrieben.

Am wichtigsten ist wohl aber der Hauptkunde der Agentur: J.D.Salinger. Mit dem Joanna auf keinen Fall plaudern soll und strikt Anweisungen im Umgang mit ihm und seinen Fanbriefen hat. Obwohl Salinger unglaublich nett, zuvorkommend und eben als Eigenbrödler daher kommt. Man erfährt aber auch hier nicht wirklich viel…Es geht mehr um die Fanbriefe, die sie anfängt persönlich zu beantworten anstatt standadisiert. Was auch wirklich interessant war, vor allem für die Leute die Salinger gelesen haben. Denn die Briefe gehen einem ziemlich nahe.

Dennoch braucht Joanna Ewigkeiten die Bücher Salinger´s zu lesen, sie lobt zwischenzeitlich lieber ganz viele andere Meisterwerke der Literatur. Als sie endlich durch alle Geschichten durchgeht, verändert sich etwas. Für mich fängt das Buch hier erst an und ist leider dann doch schon vorbei. Sie analysiert alles durch die Augen der Protagonisten aus Salinger´s Büchern. Hier kann man mitfühlen, wenn man sie gelesen hat, aber auch viel erfahren, wenn man es noch nicht getan hat.

Und dann ist die Reise auch schon vorbei, mit Entscheidungen, die ich wie so viele andere nicht nachvollziehen kann.

Fazit:

Das Buch hat sehr schöne Ansätze und man erfährt viel über die Arbeit und das Leben in einer Buch-Agentur, dennoch bleibt es für mich einfach zu oberflächlich.