Rezension

Mehr Chicklit als Liebeserklärung an die Literatur

Lieber Mr. Salinger - Joanna Rakoff

Lieber Mr. Salinger
von Joanna Rakoff

Ich bin mit falschen Erwartungen an dieses Buch herangegangen, daher war es für mich enttäuschend. Doch auch als "einfache" Chicklist ist es einfach nicht rund. Schade.

Inhalt

WIr schreiben das Jahr 1996. Joanna, die Protagonistin der Geschichte, hat das College abgeschlossen und tritt nun ihre erste Festanstellung bei einer kleinen Literaturagentur in Manhattan an. Wichtigster Autor, den sie dort vertreten: J.D. Salinger.

Man beachte, dass es sich hierbei um die tatsächlichen Erlebnisse der Autorin handelt, welche sie in diesem Buch schildert, und es keine erfundene Geschichte ist.

Meine ausführlichere Meinung

"Als Liebeserklärung an die immerwährende Kraft der Literatur" wird dieses Buch beworben, daher war ich regelrecht schockiert, dass vor allem der erste Teil des Buches sich mehr wie "Der Teufel trägt Prada" liest und man einiges von Joannas Freund Don und ihrer Chefin mit einer starken Persönlichkeit erfahrt als über Literatur an sich.

Kurz gesagt: ich hatte einfach falsche Erwartungen. Auch war mir nicht klar gewesen, dass es sich hierbei um all die Dinge handelt, welche die Autorin tatsächlich erlebt hat, es also ein Ausschnitt aus ihrem Leben ist. Damit hatte ich so meine Probleme. Nicht nur, dass mir die Protagonistin teilweise sehr weltfremd und unsympathisch vorkam, es wurde auch gerade zu Beginn viel über ihren Freund Don erzählt sowie andere Figuren, die später gar nicht mehr bzw. nur selten auftauchen und einem als Leser einfach entscheidende Informationen fehlen. Geradezu fatal empfinde ich den Schluss, weil dermaßen viele Fragen offen bleiben, dass man völlig in der Luft hängen bleibt und ich mich schon frage, warum ich mich durch diverse Liebesdramen gequält habe, wenn ich dann nicht erfahre was aus diesem oder jenen wurde.

Der Schreibstil war in Ordnung, hat mich allerdings nicht umgehauen. Insgesamt war die Lektüre für mich eher enttäuschend. Einzig interessant waren die Szenen, in denen man tatsächlich etwas über Salinger erfahrt. Doch die Liebe zur Literatur, wo war die? Diese kam für mich viel zu spät zum Tragen und auch in viel zu geringem Maße. Auch hier wieder: ich kann einfach nicht verstehen, wie Joanna erst nach über einem halben Jahr endlich mal etwas von Salinger liest, wo sie doch tagtäglich mit ihm beruflich beschäftigt ist und seine Bücher anstarrt.

Erst kurz vor Schluss werden wirklich Salingers Bücher und deren Protagonisten sowie die Wirkung, die sie haben, richtig in den Mittelpunkt gestellt. Das war für mich der interessanteste Teil, der das Buch für mich noch gerettet hat, aber es war einfach zu wenig, viel zu spät.

 

Fazit

Eine Liebeserklärung an die Literatur? Nur mit viel Wohlwollen. Eine Liebeserklärung an Salinger bzw. seine Werke? Erst in einem Kapitel kurz vor Schluss. Es überwiegen private Anekdoten aus dem Leben der Autorin, die mich ehrlich gesagt null interessiert haben und bei denen man gegen Ende noch nicht mal erfährt, was aus den wichtigsten Personen überhaupt geworden ist - etwa Joannas Freund.