I ♥ Betty

Eine treue Frau
von Jane Gardam

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der zweite Teil über den englischen Anwalt Edward Feathers und seine Frau Betty macht Jane Gardam in meinen Augen zur Königin der Andeutungen. Zwar habe ich das Gefühl, immer noch nicht alle Zusammenhänge und Details im Leben der Charaktere erfasst zu haben, aber sowohl was in Eine treue Frau aufgeklärt wird, als auch das was nicht aufgeklärt wird ist grandios. Und wie Gardam das macht! In ihrem durchweg ruhigen, trockenen Ton lässt sie ganz nebenbei die ein oder andere Bombe platzen. Am liebsten hätte ich Ein untadeliger Mann nochmal komplett durchgelesen. Mir ging einfach nicht in den Kopf ging, wie man so viel erzählen kann und doch teilweise nur so wenig preiszugeben.

Gardams Sprache war nach wie vor toll. Angenehm ruhig, angenehm intelligent aber auch gefühlt flüssiger und eingängiger als bei Old Filth. Vielleicht einfach weiblicher. Vielleicht einfach mehr wie die großartige Betty selbst. Auf jeden Fall schreibt Gardam sehr bildhaft und intensiv. Ob die grünen Hügel Englands oder die bunten Straßen Hongkongs, ich hatte alles vor Augen. Auch gefällt mir, dass es kein Schwarz/Weiß gibt bei ihr. Ich kann nicht abschließend sagen ob Betty oder Ed ein gutes, erfülltes Leben hatten oder nicht. Aber je mehr man sich bei lesen über solche Dinge Gedanken macht, desto mehr gerät man in den Sog des Buches!

Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass der Fokus bei Betty mehr auf ihrem Leben als Ehefrau eines erfolgreichen Mannes und ihrer Kinderlosigkeit lag als auf ihrem so vollen Leben. Der frühe Tod der Eltern und die folgende Mittellosigkeit, das ominöse „Lager“ und ihre Arbeit für die Regierung, ihre Opfer – das alles wird nur gestreift. Das stört mich hauptsächlich, weil mir Betty so so sehr ans Herz gewachsen ist. Aber ich sagte ja schon; Königin der Andeutungen! Und das Gardam es schafft, dass man sich Betty von Beginn an verbunden fühlt ist auch eine tolle Leistung.

Unbedingt sollte man zuerst Ein untadeliger Mann gelesen haben. Ohne den Vorgänger fehlt einfach ein wichtiges Stück der Geschichte. Ich zähle auf jeden Fall schon die Tage bis Oktober, wenn der letzte Teil von Gardams Trilogie herauskommt.