Rezension

Marley muss individueller werden

Inspector Swanson und der Fluch des Hope-Diamanten - Robert C. Marley

Inspector Swanson und der Fluch des Hope-Diamanten
von Robert C. Marley

Bewertet mit 3.5 Sternen

Sehr hübscher leichter Krimi im viktorianischen Zeitalter Englands angesiedelt, jedoch muss der Autor einen individuelleren Stil entwicklen, der ihn unverwechselbar macht.

Der Hope Diamant, auf dem ein Fluch liegt, wie es einem berühmten Diamanten wohl ansteht, ist überraschenderweise nicht verschwunden, obwohl der Juwelier, der ihn in seinem Geschäft hat, um ihn zu säubern, schleifen oder einzufassen, ermordet wird samt seinen Gesellen und seinen Kindern, die sich ebenfalls im Goldschmiedegeschäft aufhalten: man schreibt den 20. Dezember 1878.

Dass die 15 Jahre später in London und Umgebung verübten Verbrechen, in welchen Goldschmiede auf grausige Art ihr Lebensende finden - sie werden versilbert, in Galvanisierbäder getaucht oder schlucken flüssiges Gold  -, irgendwie mit dem alten ungelösten Fall zusammen hängen, schwant Inspector Swanson bald.

Robert C. Marley hat ein gutes Auge für Regie und Requisiten. Immer wieder wechselt die Szenerie und die Erzählperspektive, so dass es trotz der im Prinzip bereits im Prolog angedeuteten Lösung bis zum Schluss nicht klar ist, welcher der Verdächtigen denn nun der Täter ist. Das viktorianische Milieu Englands wird dem Leser anschaulich vor Augen gemalt und macht den Roman liebenswert. Pferdekutschen und Pferdebusse sind die bewährten Fortbewegungsmittel der Zeit, das Telefon ist gerade erst aufgekommen, das Frauenwahlrecht wird diskutiert, die Forensik entsteht als eigenständige Wissenschaft und stellt mit der Daktyloskopie ein wichtiges polizeiliches Instrumentarium zur Verfügung. Als besonderen Gag läßt der Autor neben den Ermittelnden in den Nebenrollen zeitgenössische Prominenz auftreten wie Oscar Wilde, Agatha Christie und Conon Doyle. Ironie, die der Autor mit einfliessen lässt, tut dem Roman insgesamt gut, doch sie ist nicht leise, sondern puderquastendick aufgetragen. Schminken will gelernt sein. Ein dezenteres Make up das nächste Mal und die Dame wird schön!

Der Verfasser ist sprachlich leider noch kein richtig kreativer Erzähler, denn er bedient sich in seinem Erzählfluss noch zahlreicher verbrauchter Bilder und abgenutzter Redewendungen bis hin zu Allgemeinplätzen, so dass eine individuelle Note nicht zustande kommt, da ist noch viel Ausprobieren und Arbeiten mit dem „was halt so da ist, was sprachlich so rumliegt“. Zudem verdirbt seine Detailverliebtheit, die sich besonders in adjektivistischen Doppelungen niederschlägt, eine dringend notwendige Straffung des Textes, sprich: sprachlich ist der Krimi Nullachtfünfzehn und Dutzendware, aber flüssig geschrieben, da gibt es kein einziges Holpern! Auch hält der Plot die Spannung hoch und der Epilog ist fein. Wird ein individuellerer Stil gesucht und gefunden, wird es eines Tages Krimiknaller dieses Autors geben können!

Fazit: Trotz stilistischer Schwächen beziehungsweise einem noch nicht gefundenen eigenen Stil ein leicht lesbares Stückchen viktorianischen Kriminalromans mit reichlich schriftstellerischem Potenzial. Ergebnis: 3,5 Sterne.