Rezension

Orientalisches Flair und ein "heimlicher Star"

Der Architekt des Sultans - Elif Shafak

Der Architekt des Sultans
von Elif Shafak

Bewertet mit 4 Sternen

Das Negative vorneweg: dieses Buch hat den falschen Titel. Es heißt zwar „Der Architekt des Sultans“, erzählt wird aber die Geschichte seines Schülers Jahan. Schade, dass bei der Übersetzung des Titels nicht darauf geachtet wurde, denn so vermittelt der Titel einen falschen Eindruck vom Inhalt. Ob man so womöglich größere Verkaufschancen sah? Ich möchte da nicht mutmaßen, finde es aber nicht gut. Denn der Originaltitel „The architects apprentice“ („Der Lehrling des Architekten“) ist präziser und ich kann nicht verstehen, weshalb man sich nicht daran orientiert hat.

Die Geschichte selbst ist im 16. Jahrhundert angesiedelt und erzählt den Lebensweg des indisch-stämmigen Jahan, der als Junge nach Istanbul kommt und dort über Umwege zum Schüler des Hofarchitekten Sinan wird. Eigentlich ist Jahan aber Mahut (Elefantenhüter). Auf dem Schiff, das ihn nach Istanbul bringt, wird ein weißer Elefant als Geschenk zum Sultan gebracht. Jahan, den eine tiefe Zuneigung mit dem jungen Elefantenbullen Chota („Der Kleine“) verbindet, gibt sich als dessen rechtmäßiger Führer aus (ist es aber eigentlich nicht). Der Trick gelingt und Jahan findet seinen Platz in der Menagerie des Sultans. Die „Doppelrolle“ von Jahan bleibt über viele Jahre erhalten und begleitet den Leser fast durch das ganze Buch.

So liebenswürdig aber Jahan auch dargestellt ist – der heimliche Star dieses Buches ist Chota. Ohne den Elefanten mit dem großen Herzen wäre diese Geschichte um so viele rührende Szenen ärmer gewesen! Er ist eine Figur, die über weite Teile das Buch trägt und über so manche etwas lang geratene Stelle hinwegtröstet.

Nebenbei erfährt der Leser viel über das Handwerk von Zimmerleuten und die hohe Kunst der Architektur im Mittelalter. Die Autorin stammt ja selbst aus dem orientalischen Kulturkreis und das merkt man ihrem Schreibstil an, denn der wirkt teilweise wie ein Märchen aus 1001 Nacht. Sicherlich kein Buch, das man „einfach mal so“ liest – dafür ist es zu literarisch. Wer sich aber auf den Stil und die Geschichte einlässt, taucht ein in die Farben, Gerüche und das bunte Treiben im Serail und wird gut und lehrreich unterhalten.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 19. Mai 2015 um 19:41

Was meinst du mit "es ist zu literarisch"? Das Buch liest sich leicht meines Erachtens, wie ein Märchenbuch fast.