Rezension

Packend, fesselnd, Pageturner ...

Searching Lucy - Christina Stein

Searching Lucy
von Christina Stein

Bewertet mit 5 Sternen

Ambers Welt liegt in Scherben vor ihr. Nicht nur ihr Vater ist verschwunden, sondern auch ihre Schwester Lucy. Es gibt keine Lösegeldforderung und auch keine Spur, die Polizei tappt im Dunklen und die Monate verstreichen. Amber will und kann das nicht hinnehmen und geht nun ganz eigene Wege. Sie ist sich sicher, der Täter muss aus ihrer Umgebung stammen und sie wird ihre Schwester finden, und wenn sie bei jeden einbrechen muss. Und genau das macht sie. Was wird Amber finden? Wie soll sie ihre auseinanderbrechende Familie zusammenhalten? Und warum starrt sie der neue Mitschüler Jamie so an?
 
Die Autorin Christina Stein ist für mich keine Unbekannte, denn mit ihrem Buch „Wonderland“ hatte sie mich damals umgehauen. Was für eine Story und dabei so packend, spannend und hart erzählt. Ich war echt beeindruckt und das ist jetzt auch schon wieder fünf Jahre her. Es wurde nun wirklich Zeit, dass diese Autorin was Neues schreibt und nun ist Ambers Geschichte da und ich habe sie verschlungen. Ob sie mich auch begeistern konnte, erzähle ich euch nun.

Wir steigen nicht nur sofort in die Geschichte ein, sondern auch beim Nachbarn Hakennase. Amber knackt mal eben das Schloss überprüft noch schnell auf ihrem Handy, ob der GPS-Tracker funktioniert und das Auto wirklich die Stadt verlässt und zieht sich Handschuhe über. Knallhart bricht sie in das Haus ein, behält die Nerven und spürt das Adrenalin durch ihren Körper rauschen. Trotz kleinen Hindernissen ist der Nachbar nun überprüft, sein Haus riecht nach Einsamkeit und Amber kann ihn von der Liste streichen. Was sie nicht von der Liste streichen kann, ist ihr eigener elendiger Zustand. So langsam weiß sie nicht mehr ein noch aus, aber sie muss ihre Zwillingsschwester finden. Sie muss sich um ihren kleinen Bruder kümmern, sie muss ihre Mutter beschützen, die im Allkohl ertrinkt, bevor das Jugendamt alles auseinanderreißt. So muss sie auch auf den Deal mit ihrer Mutter eingehen und wieder zur Schule, wofür sie alles andere als bereit ist, aber dort kann sie sich umhören und ihr nächsten Einbrüche planen und organisieren. Denn nichts hält sie auf, sie muss wissen, was mit ihrem Vater und ihrer Schwester passiert ist. Da nimmt sie auch den nervigen neuen Schüler in Kauf.

Die Autorin hat es mit starken Figuren. Amber ist trotz ihrer Trauer, ihrer Tränen, ihrer Hilflosigkeit unverwüstlich, hartnäckig und nicht von ihrem Weg abzubringen. Da kann sich die Polizei auf den Kopf stellen, sie macht weiter, denn irgendwo da draußen ist ihre Schwester. Aber kann eine junge Frau auf so vielen Baustellen gleichzeitig stark sein? Amber Fassade bröckelt bei ihrem Mitschüler Jamie, denn er schaut ihr unter die Haut und auch sie entdeckt bei ihm Geheimnisse. Geheimnisse, die die beide zusammenschweißt und sie zusammen weiter nach dem Täter suchen lässt. Figuren, die einen interessieren, die es einen nicht immer leicht machen und doch sich direkt ans Leserherz hängen. Ich mag so was total gern.

Wer behauptet, ein Thriller aus den Jugendbuch-Bereich könnte nicht mit den für Erwachsene mithalten, der irrt sich hier gewaltig. Das Einzige ist, das die Figuren jung sind, der Rest ist rasant, fesselnd und hart erzählt. Dabei zeigt aber auch Christina Stein die verletzliche Seite ihrer Figuren, die Zerrissenheit, wie die innere Schutzschicht dünner ist als der Panzer nach außen, dass eine falsche Berührung alles zum Einsturz bringen kann. Diese Geschichte ist wirklich verdammt gut gesponnen, gnadenlos erzählt und lässt einen nicht los. Man muss dieses Buch weginhalieren, sonst kann man nicht schlafen gehen. Ein richtiger Pageturner. Somit hat mich die Autorin wieder gepackt, geschüttelt, gefesselt und nicht enttäuscht.

Searching Lucy ist ein gnadenloser Thriller und nicht nur für junge Leser gedacht, absolut klasse erzählt und trifft genau meinen Nerv. Liebe Frau Stein, muss ich nun wieder fünf Jahre auf was Neues warten, das ist nämlich sehr gemein. Klare Leseempfehlung.