Rezension

Schwächer als "Die Zahlen der Toten"

Wenn die Nacht verstummt - Linda Castillo

Wenn die Nacht verstummt
von Linda Castillo

Bewertet mit 4 Sternen

"Wenn die Nacht verstummt" von Linda Castillo ist der mittlerweile dritte Teil der Kate-Burkholder-Reihe. Während mich der erste Teil, "Die Zahlen der Toten", vollständig begeistern konnte, fand ich diesen Teil jetzt deutlich schwächer - zwar immer noch spannend, aber das letzte Fünkchen hat einfach gefehlt...

Inhalt: Chief Kate Burkholder hat einen neuen Fall. Drei erwachsene Amish werden in der Jauchegrube ihrer Farm tot aufgefunden und hinterlassen vier Kinder als Waisen. Da es in Painters Mill schon seit einer Weile vermehrt zu gewaltsamen Übergriffen gegen Mitglieder der Amish-Gemeinde kam, liegt der Verdacht nah, dass auch dieses Verbrechen auf das Konto der Amish-Hasser geht. Doch bestehen diese Zusammenhänge wirklich? Wieder unterstützt von ihrem Freund John Tomasetti nimmt Kate die Ermittlungen auf, bei der ihr die verschwiegene Amish-Gemeide nicht gerade eine große Hilfe ist...

Bisher habe ich nur den ersten und diesen dritten Teil der Kate-Burkholder-Reihe gelesen. Den für mich fehlenden zweiten Teil, "Blutige Stille", habe ich beim Lesen allerdings kaum vermisst. Übergreifende Zusammenhänge gibt es kaum und die Beziehungen der Protagonisten werden in kurzen Rückblenden erklärt, sodass es für jeden Interessierten möglich ist, mit jedem Band in die Reihe einzusteigen.
Ich würde allerdings dennoch den ersten Teil, "Die Zahlen der Toten" als Einstieg empfehlen, denn er ist deutlich stärker als Teil Drei, vor allem ist er ein spannenderer Thriller. Zwar hat auch "Wenn die Nacht verstummt" einiges an Spannung zu bieten, für einen packenden Thriller sind die Verbrechen allerdings alle recht platt, tauchen sehr sprunghaft, aber immer vorhersehbar, auf (man kann fast die Uhr danach stellen, wann es zum nächsten Übergriff kommt) und haben, abgesehen vom Ende, das sehr gelungen für Überraschungen sorgt, wenige Gänsehaut-Potential. Gerade was den Nervenkitzel angeht, hat mir der erste Teil deutlich besser gefallen.

In "Wenn die Nacht verstummt" wird dafür noch stärker auf die Gemeinde der Amish eingegangen und die Dynamik dieser Gruppe näher beleuchtet. Ihre Verschwiegenheit und Skepsis gegenüber den "Englischen" nimmt einen hohen Stellenwert in der Geschichte ein und macht diesen Teil in Sachen Interaktion der Figuren und Informationsgehalt wirklich interessant und lesenswert. Die Charaktere und die Atmosphäre des Romans sind wieder einmal sehr gelungen. Kate Burkholder selbst hat zwar als Ich-Erzählerin nicht mehr die gleichen persönlichen Verbindungen zum Verbrechen, was ihr ein wenig die Tiefe nimmt, aber als Ermittlerteam sind sie und Tomasetti, der in diesem Teil deutlich präsenter wird, noch immer schön zu lesen.

Auch der Schreibstil kann nach wie vor überzeugen. Die Autorin versteht es Spannung aufzubauen, auch wenn diese im Vergleich zum ersten Band nicht mehr so mitreißend ist, und ihre Protagonisten eindringlich und glaubhaft zu schildern. Als Leser konnte ich wieder gut mit der sympathischen Kate mitfiebern.

Fazit: Leider nicht so stark, wie der erste Teil, was insbesondere an der hohen Frequenz kleiner Verbrechen liegt, die in ihrer Vorhersehbarkeit kein richtiges Nervenkitzel-Potential hatten. Dennoch sind Linda Castillos Thriller durch das Einbinden der Amish eine gelungene Abwechslung zu den üblichen Großstadtverbrechen und können durch glaubhafte Protagonisten überzeugen. 4 von 5 Sternen.