Rezension

Süße und niedliche Geschichte, die aber auch ernstere Töne anschlägt

Schau mir in die Augen, Audrey
von Sophie Kinsella

Bewertet mit 4 Sternen

Audrey ist Mitglied einer ziemlich durchgeknallten Familie: Ihr Bruder ist ein Computernerd, ihre Mutter eine hysterische Gesundheitsfanatikerin und ihr Vater ein charmanter, ein bisschen schluffiger Teddybär. Doch damit nicht genug – Audrey schleppt noch ein weiteres Päckchen mit sich herum: Nämlich ihre Sonnenbrille, hinter der sie sich wegen einer Angststörung versteckt. Bloß niemandem in die Augen schauen! Als sie eines Tages auf Anraten ihrer Therapeutin beginnt, einen Dokumentarfilm über ihre verrückte Familie zu drehen, gerät ihr immer häufiger der gar nicht so unansehnliche Freund ihres großen Bruders vor die Linse – Linus. Und langsam bahnt sich etwas an, was viel mehr ist, als der Beginn einer wunderbaren Freundschaft... 

Meine Meinung

„Schau mir in die Augen, Audrey“ ist das erste Buch, das ich von Sophie Kinsella gelesen habe. Da ich jedoch schon einiges über die Autorin und ihre Erwachsenenromane gehört habe, wusste ich, dass mich in ihrer Geschichte sehr viel Humor erwarten wird. Eine kleine Kostprobe davon wurde sogleich auf den ersten Seiten geboten. Audreys Mutter scheint ein kleines bisschen fanatisch zu werden, wenn es um die Gesundheit ihrer Familie geht. Im Moment ist es vor allem die vermeintliche Computerspielsucht ihres Sohnes, die ihr Sorgen bereitet. Sie hat alles Mögliche versucht, um ihn vom Computer wegzulocken, doch nichts scheint langfristig Wirkung gezeigt zu haben. Letztendlich sieht sie nur noch eine Lösung: Den Computer aus dem Fenster zu werfen. Diese Szene war wirklich zu komisch. Ich habe schallend gelacht und bereits angefangen die Familie für ihre kleine Verrücktheit in mein Herz zu schließen.

Danach konzentriert sich die Geschichte hauptsächlich auf Audrey und ihre Krankheit, die ihr Leben stark einschränkt und ihr wirklich sehr zu schaffen macht. Die einfachsten Dingen bedeuten eine enorme Überwindung für sie, sodass es umso frustrierender ist, wenn sie sich schließlich eingestehen muss, dass sie es wieder einmal nicht geschafft hat über ihren Schatten zu springen. Über den Auslöser für ihre Sozial Phobie hält sich Audrey ziemlich wage, doch wie man heraushören kann, scheint sie das Opfer von Mobbing gewesen zu sein. Was allerdings genau passiert ist, erfährt man bis zum Schluss nicht. Audrey hat sich schnell in mein Herz geschlichen und ich konnte ihre Gedanken und Gefühle zu jeder Zeit nachvollziehen. An dieser Stelle muss ich ein Kompliment an Sophie Kinsella machen: Sie hat Audreys Ängste wirklich feinfühlig beschrieben und authentisch herübergebracht, sodass sie in keinem Moment irgendwie übertrieben oder überzogen ausgesehen haben. Wir erleben ihre Hochs und Tiefs, wodurch man sich noch mehr mit ihr verbunden fühlt. Natürlich sind die Rückschläge für Audrey ziemlich entmutigend, aber irgendjemand ist immer zur Stelle um ihr einen kleinen Stoß zu geben und damit zu signalisieren, dass sie nicht aufgeben soll.

Als Linus, ein Freund von Audrey Bruder Frank, in ihr Leben tritt, fängt Audrey langsam aber sicher damit an sich aus ihrem Schneckenhaus zu wagen. Es ist für den Leser deutlich spürbar, dass ihm etwas an ihr liegt und er ihr gerne helfen möchte wieder „gesund“ zu werden. Die kleinen Zettelchen, die sie sich manchmal schreiben oder das er sie immer wieder ermutigt dieses oder jenes in Angriff zu nehmen, fand ich richtig süß. Schade nur, dass man über ihn so wenig erfahren hat.

Einen Einblick in das Familienleben der Turners erhält man vor allem durch die Kamera-Szenen, die zwischendurch in die Geschichte mit eingebunden sind. Audrey hat von ihrer Therapeutin nämlich die Aufgabe bekommen, einen Film zu drehen, da diese der Meinung ist, dass es Audrey damit leichter fallen wird, wieder einen Schritt auf die Menschen in ihrem Umfeld zuzugehen und mit der Zeit den Mut zu entwickeln anderen in die Augen zu schauen. Bisher ist Augenkontakt vollkommen unmöglich, weshalb sie ständig diese Sonnenbrille trägt. Es war unglaublich witzig die Eigenheiten von jedem Familienmitglied zu entdecken und sie in Momenten zu erwischen, in denen sie sich unbeobachtet gefühlt haben. Da wäre beispielsweise ihre Mutter, die, während sie ihrem Kind einen Vortrag darüber hält wie schwierig Kindererziehung manchmal sein kann und sie ganz sicher keine Mutter ist, die sich ihrer Verantwortung entzieht, nach einem Wellnessurlaub für alleinstehende Frauen sucht. Oder ihr Vater, den wir mehr als einmal dabei ertappen, wie er in seinem Arbeitszimmer schläft, hinterher jedoch felsenfest behauptet gearbeitet zu haben. Am schönsten war allerdings zu sehen, dass die Familie trotz kleiner Streitereien immer zusammenhält und füreinander da ist.

Sophie Kinsella ist die Gradwanderung zwischen Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit definitiv gelungen, was unter anderem ihrem frischen und frechen Schreibstil zu verdanken ist. Gleichzeitig herrscht eine so warmherzige Atmosphäre, sodass man sich sofort willkommen in diesem Buch fühlt. Man möchte immerzu weiterlesen und Zeit mit Audrey und ihrer Familie verbringen, dass die Seiten wie nichts dahinfliegen. Im Großen und Ganzen war ich rundum zufrieden als ich am Ende angelangt war – jedenfalls habe ich die letzte Seite mit einem Lächeln umgeblättert.

Mein Fazit

„Schau mir in die Augen, Audrey“ ist jetzt nicht die anspruchsvollste Lektüre, aber auch nicht so oberflächlich wie der eine oder andere denken könnte. Sophie Kinsella erzählt eine süße und wirklich niedliche Geschichte, die sehr humorvoll ist und vor allem mit ihren sympathischen (wenn auch teilweise etwas eigenwilligen) Charakteren punktet. Ich habe das Lesen in vollen Zügen genossen und mich bis zum Schluss absolut wohl und geborgen gefühlt.