Rezension

Wunderschönes Debüt!

Die Stunde der Liebenden - Lucy Foley

Die Stunde der Liebenden
von Lucy Foley

„Die Stunde der Liebenden“ ist der Debütroman einer jungen aber ohne Zweifel talentierten Schriftstellerin aus London, Lucy Foley.

Das Erste, was mich an diesem Buch angesprochen hatte, war das Coverbild. Es hat mich so fasziniert, dass ich noch einige Wochen vor dem Erscheinen des Buches gespannt war, welche Geschichte sich hinter diesem Cover versteckt. Auch den Buchtitel fand ich schön, noch schöner allerdings – den Originaltiten „The book of Lost and Found“.

Die erste Bekanntschaft mit dem Buch durch die Leseprobe war eher enttäuschend. Ich fand den Schreibstil der Autorin von Anfang an sehr schön, aber die Handlung hatte mich nicht „umgehauen“, ich fand sie zuerst ziemlich vorhersehbar und nicht besonders neu / innovativ. Aber ich beschloss trotzdem, das Buch zu lesen. Und das war kein Fehler!

Sehr schön fand ich, dass im Buch aus verschiedenen Perspektiven berichtet wird: Aus der Sicht der Kate, die 1986 an das Bild ihrer Großmutter Alice kommt, von der sie nichts wusste; aus der Sicht von Thomas, der sein ganzes Leben in Alice verliebt ist und nicht weiß, dass sie ein Kind von ihm hatte; und aus der dritten Perspektive, die Alice auf ihrem Lebensweg begleitet. Alle diese drei Perspektiven ermöglichen einen schönen authentischen Blick auf die Geschichte der Liebenden, auf ihre Opfer füreinander, auf die persönlichen Tragödien und Konflikte, von denen andere Figuren nichts wussten.

Während Kate versucht, etwas über das Leben ihrer Großmutter Alice zu erfahren, lernt sie ihren Großvater Thomas kennen, einen Künstler, von dem die Kunstliebhaber schwärmen. Sie erfährt einiges über seine Lebensgeschichte und verliebt sich in Oliver, Thomas‘ Enkel. Sie muss mit den Gefühlen zurechtkommen, die der Liebe ihrer Großeltern sehr ähnelt. Wir erfahren, was dazu führte, dass Kates Mutter in einem Waisenheim landete, und welche persönliche Tragödie dahinter steckt. All diese Geschichten machen die Figuren außerordentlich sympathisch, man verliebt sich in sie immer mehr und wird immer trauriger, wenn man merkt, dass das Buch langsam zu Ende geht.

Das Einzige, was mich ein wenig gestört hatte, war die grammatische Zeitform, die die Autorin für die Alice‘ Perspektive gewählt hatte: Die Geschichte entwickelt sich ab Ende der 20-er Jahre, ist aber im Präsens geschrieben. Im Kontrast zu anderen Teilen des Buchs, für die die Vergangenheitsformen ausgewählt wurden, war das für mich ein bisschen irritierend. Mein Gehirn streikte jedes Mal, wenn nach dem Kapitel über das Jahr 1986 (im Perfekt) ein Kapitel aus 1928 (im Präsens) folgte. Aber das mag nur mein persönlicher Eindruck sein. (Bin übrigens kein Muttersprachler, vielleicht deswegen hatte mich dieser Zeitformenwechsel gestört – ich fände eine einheitliche Zeitform für alle 3 Perspektiven besser.)

Ansonsten ist „Die Stunde der Liebenden“ ein sehr schönes und lesenswertes Buch! Ein Buch, an dem man sieht, wie viel Arbeit und Liebe die Autorin in den Text gesteckt hatte. Für ein Debüt einfach hervorragend!