Rezension

Zwergenkönig Laurin sieht rot

Die gestohlene Zeit - Heike Eva Schmidt

Die gestohlene Zeit
von Heike Eva Schmidt

Emma begleitet eine Gruppe Gymnasiasten und deren Lehrer zu einem Ausflug in die Dolomiten. Viele von ihnen haben vor ihr keine Achtung und nehmen sie nicht wirklich zur Kenntnis, da sie nur 3 Jahre älter als diese.
Trotzdem versucht sie sich durchzusetzen.
Als Udo und sein Freund Frank sich von der Gruppe entfernen, weil Frank glaubte, einen Zwerg gesehen zu haben, geht sie ihnen hinterher. 
Im Gras sieht sie etwas schimmern und hebt einen goldenen Ring auf, der eine magische Anziehungskraft auf sie hat.
Als Udo den Ring sieht, überfällt ihn eine Gier danach, dass er es sogar riskiert, Emma zu töten. Nach einer Rangelei, die Emma verloren hat, lassen Udo und Frank die am Kopf schwer verletzte Emma allein zurück.
Als diese wieder zu sich kommt, ist sie allein und hat keine Ahnung, wie sie wieder zur Gruppe kommen soll.
Versehentlich gelangt sie in den Rosengarten des Zwergenkönigs Laurin, worauf hin sie sofort von Zwergen umringt wird, die sie töten wollen. Aber erst wollen sie Emma dem König vorstellen.
Laurin hatte vor vielen Jahren seine Liebste verloren und glaubt nun, in Emma diese wiedergefunden zu haben, so dass er beschließt, dass sie bleiben und ihn heiraten soll.
Emma würde alles tun, um dort wieder wegzukommen, nur nicht den kleinen hässlichen und stinkenden Zwerg zu heiraten ...

Was für eine schöne Idee, die Sage um den Zwergenkönig Laurin und seinem Rosengarten aus dem 13. Jh. in die Gegenwart zu helfen.

Als Emma in der Zwergenwelt landet, bemerkt sie sofort, dass es sich bei den Zwergen nicht um die niedlichen kleinen Zwerge von Schneewittchen handelt, sondern um bösartige, denen es Freude bereit, anderen weh zu tun.
Seit Jahren haben sie schon einen anderen Menschling in ihrer Gewalt, der sie bekochen muss, Jonathan.
Laurin lässt auch nicht mit sich handeln und will sie partout heiraten. Die Hochzeit soll bereits in 3 Tagen stattfinden, sehr zum Schrecken von Emma. Gemeinsam mit Jonathan tüfteln die beiden einen Plan aus, wie sie aus dem Berg flüchten können, was ihnen auch gelingt.
Als sie es endlich geschafft haben, stehen sie plötzlich der zeitlichen Realität gegenüber. Jonathan, der dachte, er wäre bei den Zwergen "nur" ein paar Jahre gewesen, muss feststellen, dass seitdem 200 Jahre vergangen sind.
Während Emma sich 3 Tage in der Gewalt der Zwerge befand, sind in der Realität 27 Jahre vergangen. Nun ist guter Rat teuer.
Sie machen sich auf den Weg, um Emma beste Freundin Caro aufzusuchen, aber wird sie nach so vielen Jahren noch die Caro sein, mit der sie seinerzeit befreundet war?

Ein wunderschöner verzauberter Zeitreiseroman wird hier von der Autorin Heike Eva Schmidt vorgelegt. Sie verbindet eine uralte Sage mit der Gegenwart und das so gekonnt, dass es den Leser magisch in die Geschichte hineinzieht.
Ein Kampf um Gut und Böse und um Macht und Gier wird hier erzählt.
Sie zeigt, dass es Menschen gibt, die, um Macht zu haben, selbst über Leichen gehen, die schon als Jugendliche böse sind und das Böse im weiteren Verlauf des Lebens auch noch komplettieren können.
Udo, der ewige Sieger, ohne etwas selbst dafür tun zu müssen. Frank, sein Freund, der ewige Verlierer, aber immer voller Gier und kriecherisch veranlagt, in der Hoffnung, im Glanz von Udo leben zu können. In seiner Beschränktheit bemerkt er nicht, wie sehr er ausgenutzt wird.

Auf der anderen Seite stehe Emma und Jonathan. Emma versucht mit aller Kraft den Ring zurückzuerobern. Sie hörte von Laurin, dass er demjenigen 3 Wünsche erfüllen wird, der ihm den Ring zurückbringt.
Da die beiden von Laurin verflucht wurden, 11 h am Tag als Tier, Emma nachts als Katze und Jonathan am Tag als Vogel, zu leben, wollen sie den Fluch von sich nehmen lassen.

Es ist schwer für die beiden, sich in der Realität zurechtzufinden, denn viel Zeit ist in den Bergen von Laurin vergangen. Die "Wunder", die in der Zwischenzeit als Fortschritt zu verzeichnen waren, werden von beiden erstaunt wahrgenommen, wobei Jonathan natürlich mehr zu verarbeiten hat. Das ist für den Leser wie ein kleiner Zusammenschnitt der Errungenschaften, die man selbst gar nicht mehr wahrnimmt und die man als gegeben annimmt. Was die Autos und Flugzeuge für Jonathan sind, sind das Handy und das Internet für Emma. Als Leser kann man nur darüber schmunzeln, wie sie die Dinge wahrnehmen.

Als Leser habe ich es genossen, Emma und Jonathan zu begleiten. 
Die beiden Protagonisten, wie auch Lilly und Caro muss man einfach ins Herz schließen, sie sind natürlich, hilfsbereit und abenteuerlich.
Sehr gut hat die Autorin Fantasy und Realität im heute und jetzt miteinander verwoben. 
Geschichten mit Zwergen lese ich im Normalfall nicht und hatte so meine Bedenken, ob das Buch was für mich ist. Aber ich durfte mich von der Autorin eines besseren belehren lassen. Da die Handlung mehr im Heute spielt und die Zwerge nicht die Hauptpersonen sind, las es sich sehr gut. Ja, es war tatsächlich so, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte, weil mich die Geschichte gepackt hatte.

Von der Autorin hatte ich bereits "Purpurmond" gelesen und war begeistert. Dieses Buch ist ein weiteres Werk von ihr, das man lesen sollte. Mit ihrem Humor, ihrer stimmig erzählten Geschichte und den unterschiedlichsten Protagonisten zieht sie den Leser in ihren Bann und hinterlässt diesen mit einem äußerst zufriedenstellendem Gefühl und der Gier nach mehr von der Autorin.

Wer ein klein wenig Fantasy mag, für den spreche ich eine klare Kaufempfehlung aus.