Rezension

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Hier ist Geschichte vor historischem Hintergrund gut recherchiert und spannend verpackt

Die Charité. Aufbruch und Entscheidung - Ulrike Schweikert

Die Charité. Aufbruch und Entscheidung
von Ulrike Schweikert

Bewertet mit 5 Sternen

Die Geschichte beginnt mit dem Prolog im Jahr 1893. Der Blick richtet sich auf den maroden Zustand der königlichen Charité, Ausbildungsstätte preußischer Militärärzte.
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Es ist das Jahr 1903 und Dr. Rahel Hirsch ist auf dem Weg nach Berlin. Dort wird sie als erste Ärztin ihre Anstellung in der Charité antreten. Endlich am Ziel ihres langgehegten Wunsches, dank der Unterstützung ihrer Familie. Professor Kraus, Direktor der Med. Klinik der Charité für Innere Medizin, hatte es durchgesetzt, dass sie als Volontärärztin beim ihm arbeiten und forschen durfte. Rahel geht mit Leib und Seele in ihrem Beruf auf. Sie stammt aus einer jüdischen angesehenen Familie. Aber es ist nicht nur der Glaube, auch die Ablehnung ihrer männlichen Kollegen machen ihr den Weg nicht leicht.
Eine erste negative Begegnung macht Rahel schon auf der Zugfahrt durch die Aussage eines Offiziers.
Zitat S. 17
"Wo ist dein Weib?", fragte der Herr Abraham, und der antwortete: "Sarah ist in der Hütte, Herr! Das ist ihre Bestimmung."
Doch Rahel kontert mit dem Spruch, dass man ja nicht mehr in Abrahams Zeiten lebe. Nur gut, dass sie zu den modernen Frauen gehörte. Und viele andere strebten ebenso danach.
Die weitere Protagonistin ist Barbara Schubert. Diese lebt bei der Tante und dessen Sohn Franz in Berlin. Es war Fügung, dass Barbara einen Job in der Wäscherei der Charité erhielt. Es sind wieder diese ärmlichen Verhältnisse, die einem ganz deutlich vor Augen geführt werden. Das arbeitende Volk musste schuften, um überhaupt existieren zu können. Tag und Nacht.
Dort in der Wäscherei wird Barbara mit der Frauenbewegung bekannt gemacht. Als dann ihre Tante vergewaltigt wird, ist für Barbara der Zeitpunkt gekommen, nicht mehr alles so hinzunehmen. Dann lernt sie Rahel Hirsch kennen und die beiden freunden sich an.
Der Roman ist in drei Teile - Buch - und das jeweilige handelnde Jahr steht den Kapiteln vor. Hier ist es so, dass man immer gleich weiß, wer die Geschichte erzählt. Viele wissenschaftliche und medizinische Erklärungen sind eingeflochten und ich fand das hochinteressant. Da ich schon von dem ersten Teil sehr angetan war, musste ich natürlich den Folgeband lesen. Und ich wurde nicht enttäuscht. Hier ist Geschichte vor historischem Hintergrund spannend verpackt. Es sind nicht nur die beiden sehr sympathischen Protagonisten, zwei starke Frauen, die sich nicht von ihrem Weg abbringen lassen. Sie beide stehen mit für den Weg Frauengleichberechtigung. Ein langer mühsamer Weg. Welche Auswirkungen der Erste Weltkrieg hat, wird auch hier wieder sehr deutlich gemacht. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es gibt anhand persönlicher Schicksale ein Stück Geschichte wieder
Ein durchweg überzeugender historischer Roman, der den Leser durch die Erzählweise gut unterhält und starke Frauen sehr gut in Szene setzt. Ich hätte am Ende noch weiterlesen können und hoffe vielleicht auf mehr ♥