Äußerst amüsante Analyse urdeutscher Befindlichkeit !
Bewertet mit 5 Sternen
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Aus dem Haus von Miriam Böttger
Der Roman „Aus dem Haus“ ist wie ein zielsicherer Schuss aus 1000 Meter Entfernung genau ins Schwarze. Und dieses Schwarze kann man nur als „Das Deutsche“ bezeichnen.
Mit kluger Ironie und einem gehörigen Schuß Sarkasmus beschreibt die ZDF-Journalistin Miriam Böttger in ihrem Debütroman ihre Eltern und analysiert und zerlegt dabei auch noch gleich die restliche Familie.
Dreh- und Angelpunkt ist das HAUS oder das Scheißhaus, wie es von der Familie bezeichnet wird. Dieses scheint ein Eigenleben zu führen und ist Sinnbild für das gefühlte Unglück der Familie.
Doch nicht das HAUS ist das eigentliche Problem, sondern dessen Bewohner, also die Eltern der Autorin, die mit ihrem urdeutschen Hang zur Morbidität und zum Jammern ihr objektiv im Wohlstand verbrachtes Leben schwarzreden und sich einem vermeintlichen Schicksal ergeben, dessen Ursache ausschließlich sie selbst sind.
Genuß, Freude, Liebe, wunderbar, herrlich, schön, gerne, ja, hell, friedlich, Danke, Segen, all das sind Wörter, die im Wortschatz dieser Familie nicht vorkommen. Deren jeweiliges Gegenteil jedoch in mannigfaltiger Ausprägung.
Doch kaum ist das Verhaßte verloren oder preisgegeben, wird es über den grünen Klee gelobt und schmerzlich vermißt und nun ob dieses Verlustes gejammert. In der Gegenwart aber hat sich alles immer gegen einen verschworen und man ist permanent unglücklich und den Gezeiten des Lebens hilflos ausgeliefert. Mit „Man hätte eben … „ beginnt jeder zweite Satz der Eltern.
Ich habe mich in meinen verschiedenen Lebensphasen sowohl in der Tochter, als auch teilweise in den Eltern wiedererkannt und denke, daß es vielen Lesern so gehen wird.
Mit langen Sätzen, die sich teilweise über eine halbe Seite erstrecken, hat mir die Autorin ein besonderes Lesevergnügen geschenkt, denn ich liebe derartige literarische Satz-Konstrukte. Vor allem, wenn diese so stilsichere und kluge Wort- und Satzschöpfungen sind, wie in diesem Buch. Diese hier sind der reine Genuß, wie eine wunderbare Melodie in Variationen.
Schade, daß es nur 220 Seiten hat, ich hätte noch ewig weiterlesen können. Beim Lesen so herzhaft gelacht habe ich schon lange nicht mehr. Ihr Sinn für Ironie und Sarkasmus ist einfach großartig und der Kontrast zwischen dem Thema und dem frischen Schwung mit dem sie schreibt äußerst reizvoll.
Ich habe dieses Buch mit einem lachenden und einem weinenden Auge gelesen, also mit der einzigen Haltung die uns eigentlich gegenüber dem Leben bleibt. Diesem lächerlichen Trauerspiel der menschlichen Existenz mit einiger Distanz die lustige Seite abzugewinnen, lehrt uns dieses Buch auf äußerst amüsante Weise. Und ich denke, auch Loriot würde dieses Buch lieben.
Ich hoffe, daß nun bald weitere Werke von Miriam Böttger erscheinen, fast wünsche ich mir, daß sie Ihren Job beim ZDF an den Nagel hängt.
Dieses großartige Debüt erhält von mir satte Fünf von Fünf Sternen. Es ist meine ausgesprochene Kaufempfehlung. Es ist auch ein ideales Geschenkbuch.