Rezension

Szenen einer Ehe

Aus dem Haus -

Aus dem Haus
von Miriam Böttger

Bewertet mit 4 Sternen

In diesem Debütroman von Miriam Böttger wird die Ehe zweier finanziell gut situierter Menschen aus der Perspektive der erwachsenen, einzigen Tochter geschildert. Dabei dient ein Haus, als das HAUS benannt, als Dreh- und Angelpunkt der Geschichte.

Der Roman beginnt mit einer Friedhofsszene, in der die Tochter und Ich-Erzählerin mit ihrer Mutter das Grab des Vaters besucht. Die Mutter, von der Tochter stets als "Berufsjugendliche" empfunden, ist nach dem Tod des Vaters "schockgealtert". In Rückblenden erfährt der Leser, dass die Familie in früheren Jahren ein glückliches Leben im süddeutschen Weinheim führte. Bis der Vater beruflich aufstieg und man nach Kassel, der Geburtsstadt der Eltern, zurück zog.

In Kassel wird schließlich das HAUS, das man nach eigenen Wünschen von einem Bauträger errichten ließ, bezogen. Das HAUS jedoch ist ein Unglücksort, in dem insbesondere die Mutter niemals glücklich zu werden glaubt. Diese Mutter ist ein schwieriger Charakter, sieht stets nur das Negative in allem und jedem, ist von depressiven Stimmungen geplagt. Sie, die teure Designerkleidung, schnelle Autos, gehobenes Wohnambiente und luxuriöse Urlaubsreisen liebt, sich für einen Freigeist, eine Bohemien hält, betrachtet sich im spießigen Kassel und insbesondere in dem HAUS als erledigt.

Die Autorin, die hier teilweise eigene Erfahrungen verarbeitet hat, schildert die Ehe der Eltern in einem ironischen, flapsigen Ton, den ich zu Beginn des Romans als durchaus komisch und witzig empfunden habe, der aber im Verlauf der Geschichte immer mehr ins Tragikomische abgleitet. Das hat mir gefallen, liest es sich doch unterhaltsam und lässt hinter der ironischen Sprache ein Ehedrama aufscheinen.

Der Vater scheint seiner Frau in abgöttischer Liebe zugetan zu sein, die Ehefrau hingegen sieht nur sich als Mittelpunkt der Welt und macht ihn und das HAUS für ihre Unzufriedenheit verantwortlich. Warum trennen die beiden sich nicht ? Zumindest psychiatrische Hilfe wünscht man der reichlich gestört erscheinenden Mutter.

Die Autorin gibt mit diesem Roman m. E. einen mutigen und ehrlichen Einblick in Teile ihrer eigenen Biographie und das in einem humorvollen und nicht jammernden Ton. Ich habe diesen Roman mit einem lachenden und einem weinenden Auge gelesen, ahnt man doch, dass hier eine Familie beschrieben wird, wie man sie unter etlichen, sogenannten normalen, Familien wiederfinden könnte. Wie die Autorin in einem Interview berichtet, hat sie den Kernteil der Geschichte quasi in einer Nacht runtergeschrieben, was man dem Roman insofern anmerkt, als eine differenziertere Ausarbeitung der Charaktere und der Vor- und Nachgeschichte um das HAUS, dem Roman gut getan hätte, denn es blieb nicht der einzige Wohnort der Eltern.

Ich vergebe 4 Sterne.