Rezension

Aufbegehrende Damen

Die Tanzenden - Victoria Mas

Die Tanzenden
von Victoria Mas

1885 in Paris. Eine Stadt hat sich vom Adel losgesagt und strebt eine moderne Demokratie an fast 100 Jahre nach dem Sturm auf die Bastille. Aber wie ergeht es Frauen in diesen Zeiten? Mündige Bürgerinnen? Mit Nichten! Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. „Die Tanzenden“ von Victoria Mas nimmt uns mit in eine Zeit in der Frauen in totaler Abhängigkeit von ihren Männern waren, erst die Väter, dann die Ehemänner. Ausgeliefert, Schutz- und Rechtlos. Waren die Damen mit einer konträren Meinung ausgestattet oder hatten zu viel Selbständigkeit im Sinn wurde es schnellstens unterbunden.

In Paris gab es dann noch die Salpêtrière, dort landeten Hysterikerinnen, geisteskranke Frauen und dergleichen - alle weiblich und unerwünscht in der Gesellschaft. Dort wurde der Nervenarzt Charcot für seine Verdienste gefeiert - natürlich vor allem von Männern.

Diesen aufmüpfigen Damen, die man in der Salpêtrière wegsperrte, verschafft Viktoria Mas eine späte fiktive Stimme und verbindet ein klares frauenverachtendes Bild aus einem vergangenen Jahrtausend mit einer gut erzählten Geschichte.

Der Leser begleitet die junge Eugénie aus gutem Elternhaus, die von sich sagt, dass die Toten zu ihr sprechen. So landet sie natürlich in der Salpêtrière, aber die Geschichte nimmt eine dramatische Wendung.

 

Viktoria Mas nutzt eine klare Sprache mit der sie mich als Leser sofort in das Paris des Jahres 1885 katapultiert hat. Julia Schoch hat das ganze, wie so oft, gekonnt und äußerst gut übersetzt aus dem Französischen. 

Immer wieder tauchen zwischen der Handlung Sätze auf die eine Tragweite weit über die dort beschriebene Handlung hinaus hat, wie „doch zu lügen ist manchmal nicht bloß eine Notwendigkeit, es ist mehr: Trost.“ (S. 184)

 

Fazit: Das Patriarchat ist tot - es lebe die Weiterentwicklung und manchmal hilft auch ein fiktiver Blick in die Vergangenheit um den Fortschritt zu erkennen!