Rezension

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Aufwühlendes Auswandererdrama im 18. Jhd., welches auch ernste Themen nicht scheut

Der Ruf des Kookaburra - Julie Leuze

Der Ruf des Kookaburra
von Julie Leuze

Bewertet mit 5 Sternen

„Der Ruf des Kookaburra“ ist der zweite Band von Julie Lenzes großer Auswanderer-Saga, der uns erneut in das ferne Australien des 18. Jahrhunderts entführt. Das Buch erzählt die Geschichte der jungen Deutschen Emma weiter, die sich alleine ins ferne Australien aufmachte, dort ihre Selbstbestimmung und die Passion als Forscherin fand sowie ihre große Liebe Carl. Mittlerweile leben die beiden glücklich zusammen als Forscher mit den Eingeborenen im Urwald. Als ihre beste Freundin Purlimil jedoch Zwillinge erwartet, offenbart sich für Emma das ganze Ausmaß der traditionellen Sitten der Eingeborenen und sie kann als gebildete Weiße einfach nicht verstehen und wegsehen. Durch ihre Einmischung beschwört sie großes Unglück herauf infolgedessen Carl spurlos verschwindet, die beste Freundin krank wird und der gesamte Clan zu zerbrechen droht.

Es ist fast wie ein wiedersehen mit Freunden, wenn man erneut von Emma, Carl und dem gesamten Clan lesen kann. Mit ihrem einvernehmenden Schreibstil weiß Julie Lenze erneut zu überzeugen und den Leser zu fesseln. Dem Gewissenskonflikt, welche Traditionen besser sind – die der Weißen oder die der Aborigines – ist Emma das gesamte Buch ausgesetzt und mehr als einmal steht sie vor schwierigen Entscheidungen. Die Verknüpfung der historischen Grundlage ist auch in diesem Buch erneut auf exzellente Weise gelungen. Zusammen mit Emma versucht man die Hintergründe der alten Sitten zu verstehen. Mit dem Verschwinden ihrer großen Liebe und dem Auftauchen eines möglichen neuen Ritters in glänzender Rüstung hat es Emma zudem sehr schwer, sie selbst zu bleiben und der Leser verzweifelt das ein oder andere mal an ihrer melancholischen Stimmung. Trotzdem ist alles irgendwie nachvollziehbar und man muss sich damit begnügen, mitzuleiden, zu hoffen und sich seine eigenen Gedanken zu machen. Das ein oder andere Mal befindet man sich in einem höllischen Gewissenskonflikt und die Frage nach dem richtigen Handeln kann nicht so einfach beantwortet werden.

Ein ungeheuer spannender und aufwühlender Roman, der erneut durch historische Tiefe überzeugt, jedoch auch auf bemerkenswerte Weise die menschlichen Handlungsweisen beleuchtet und enthüllt: nicht alles ist schwarz oder weiß. Manches Mal muss man hinter die Fassade schauen und Handlungsgründe hinterfragen. Anderen Kulturen sollte man mit Respekt und Demut begegnen, den es nützt nichts, anderen seine Meinung aufzudrängen. Ergänzt wird dies erneut durch ein Wechselbad der Gefühle, welches Emma durchleben muss. Erneut beste Unterhaltung, die einen in fremde Welten entführt, begeistert und mitnimmt auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle und Gewissenskonflikte. Ein Buch für Herz und Verstand.