Rezension

Bezaubernd, warmherzig und so smart

Das irrationale Vorkommnis der Liebe – Die deutsche Ausgabe von »Love on the Brain« -

Das irrationale Vorkommnis der Liebe – Die deutsche Ausgabe von »Love on the Brain«
von Ali Hazelwood

Bewertet mit 5 Sternen

Bee Königswasser ist Neurowissenschaftlerin und bekommt die Gelegenheit, als Co-Leiterin eines NASA-Projektes eine bahnbrechende Forschung zu begleiten. Ihre Freude darüber trübt sich, als sie erfährt, dass ihr Partner dabei Levi Ward sein wird, ihr Erzfeind aus dem Doktorandenprogramm ihrer Universität. Der Schwarm vieler Kommilitoninnen schien sie immer zu hassen, mied ihre Gegenwart und weigerte sich, mit ihr zu arbeiten. Das scheint sich nicht geändert zu haben, aber ist es wirklich Hass, der Levi von ihr fernhält?

 

Schon seit dem Lesen ihres Debütromans bin ich Ali Hazelwood völlig verfallen und begeistert, dass die deutsche Übersetzung dieses zweiten Buches so schnell erschienen ist. Auch wenn sich die Inhalte von der Thematik her sehr ähneln, schafft sie es dennoch, mich erneut zu bezaubern und bestens zu unterhalten. Das liegt vor allem an den wunderbaren Charakteren.

 

Bee ist ein großer Fan von Marie Curie und wir erfahren viel über deren Leben.

Immer wieder fragt sich Bee, was Marie tun würde und führt auch einen gleichnamigen Twitter-Account, @whatwouldmariedo. Dies allerdings anonym, denn sie fürchtet unangemessene Reaktionen und Shitstorms. Nicht ganz unbegründet, denn immer wieder muss sie sich mit der Macht der Männer in der Wissenschaft auseinandersetzen und gegen deren verbohrte und antiquierte Ansichten ankämpfen, um sich durchzusetzen. Männer, die es grundsätzlich besser wissen. Männer, die Frauen Zweifel einreden und ihr Selbstwertgefühl mindern. Das kennen vermutlich leider viele Frauen in egal welchem Job.

 

Das klingt ernst und traurig? Keineswegs. Ich habe schon gelacht, als ich gleich die erste Kapitelüberschrift googeln musste. Alle Überschriften benennen Teile des menschlichen Gehirns und für welche Emotionen oder Handlungen sie stehen. In diesem Zusammenhang ist übrigens der englischen Originaltitel „Love on the Brain“ viel passender als der deutsche. Urkomisch fand ich die mit einem Trademark versehenen erfundenen Begriffe wie Schniedelreferenz ™, Schwanzplosion ™ oder Schwanzcluster ™, mit denen sich Bee über die eben benannten Männer aufregt.

 

Die Aufeinandertreffen von Bee und Levi sind wunderbar komisch und haben mich so sehr zum Lachen gebracht. Treffsichere Dialoge mit klugen Sprüchen und reichlich trockenem Humor tragen maßgeblich zum Charme der Geschichte bei. Ebenso wie grandiose Nebencharaktere, allen voran Bees Assistentin Rocio, die schon ein eigenes Buch verdient hätte. Aber Levi, dieser wunderbare, hilflose, selbstlose, in seiner Kommunikation unfähige Levi - ihm gehört mein Herz. Ich konnte mich noch nie mit der Vorstellung eines Buchcharakters als sogenanntem „Book Boyfriend“ anfreunden. Das hat sich mit Levi geändert. So ein wunderbarer Mann!

 

Mich beeindruckt bei Ali Hazelwood vor allem, wie spielerisch und leicht es ihr gelingt, intelligente und tiefgründige Inhalte so lebensnah und unverkrampft zu vermitteln. Diversität ist ein großes Thema für sie, Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, Zugang zu Bildung für alle, Respekt und Toleranz ebenso. Das alles so wunderbar warmherzig und locker und lässig und sehr modern.    Talent für heiße Erotik hat sie übrigens auch noch.

 

Mein einziger Kritikpunkt betrifft wieder das Cover, das ich unglücklich gewählt finde. Erfreulich, dass die bald erscheinenden weiteren Bücher der Autorin die Originalcover übernehmen werden. Ich weiß es deshalb so genau, weil ich sie schon alle vorbestellt habe und es kaum erwarten kann.