Rezension

Biografie, über die Mutter

Aenne und ihre Brüder -

Aenne und ihre Brüder
von Reinhold Beckmann

Bewertet mit 5 Sternen

aufwühlend!

Die Hinterbliebenen haben oft nicht darüber gesprochen, doch Aenne schon. Durch den Zweiten Weltkrieg hat sie ihre vier Brüder  verloren. Nun hinterlässt sie ihrem Sohn alles, was von den Onkels übriggeblieben ist. Eine bessere Liebeserklärung an die verstorbene Mutter gibt es wohl nicht als dass der Sohn ein Buch daraus macht. Der Autor Beckmann schreibt, Enkel und Enkelkinder sollen von ihren Vorfahren hören. Wirklich gut, denn andere Suchende müssen sehr mühsam suchen. Es ist ein Lebensbericht über eine einfache Familie, Schuster, gottesfürchtig. Es wird geboren und gestorben.

Reinhold Beckmann teilt uns, den Lesenden, Teil seiner Familiengeschichte mit. Seine Mutter Anna Maria, genannte Aenne,  verlor im Zweiten Weltkrieg ihre Brüder. Verlust und das fehlende Wissen um den Verbleib der Brüder haben die Familie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges geprägt, die Suche nach ihnen, wo liegen sie begraben, wo finden sich Hinweise auf sie...
Aenne Beckmann hat den Briefwechsel ihrer Brüder von der Front über Jahrzehnte aufbewahrt. Für sie waren ihre Brüder gegenwärtig, wurden in das Leben einbezogen, um damit die Erinnerung an sie aufrecht zu erhalten.

Ein berührendes Buch! Der Autor, Reinhold Beckmann, recht gut bekannt, darf auch jetzt in Talkshows darüber reden und erweckt immer die gleichen Gefühle, betroffenes Schweigen, Innehalten über den Verlust, über den oft nicht geredet wurde. Nachdenken darüber, denn auch seit Anfang letzten Jahres tobt wieder ein Krieg in Europa (angefangen von einem kranken Despoten). Beckmann erwähnt auch diese Ungeheuerlichkeit.

Die abgedruckten Briefe und auch die Fotos von den Brüdern erzählen von jungen Menschen, die um ihre Jugend und letztendlich um ihr Leben gebracht wurden (von einem anderen kranken Despoten in einen barbarischen Krieg gezwungen). Die Briefe zeigen die unterschiedlichen  Persönlichkeiten der Brüder, erzählen von ihren Träumen und Hoffnung, dass es bald zu Ende ist...Berichtet von Kriegshochzeiten und dem einzig direkten Nachkommen eines der Brüder. Verschlüsselte Aussagen berichten vom Kriegsgeschehen, den unsäglichen Leiden der Soldaten. Verschlüsselt, denn die Briefe von der Front wurden kontrolliert und man unterstellte ihnen Wehrzersetzung.

Doch auch Aennes Leben bleibt nicht unerzählt, ihr Heimatort Wellingholzhausen. Dem Ausbrechen aus der relativ intakten Dorfgemeinschaft  und wie die junge Frau ihren eigenen Weg gegangen ist bis sie auf den Vater des Autors traf.

Das Buch war mein Wunschbuch, weil ich meiner eigenen Familiengeschichte hinterher spüre und Beckmanns Buch als Vorlage nehme. Danke an den Autor!